| # taz.de -- Die Wahrheit: Harte Tür zum langsamen Abschied
> Die Tories haben in Dublin einen Club unterhalten. Möchte der Kolumnist
> Mitglied dieses Clubs sein? Unter bestimmten Umständen schon.
Mit den Tories geht es bergab. Neulich sind sie in London aus der Downing
Street geflogen, nun verlieren sie auch in Dublin ihre Bleibe. 141 Jahre
bot der Dublin Conservative Club seinen Mitgliedern diverse
Freizeitvergnügen – vor allem Snooker und Trinken. Die Mitgliedschaft war
jedoch protestantischen Männern vorbehalten, was „wahrscheinlich illegal“
war, wie Clubsekretär Ed O’Neill einräumt. Beschwerden gab es deshalb aber
kaum. In den vierziger Jahren soll allerdings jemand eine Matratze vor der
Tür angezündet haben.
Einmal war ich auch in dem Club, es ist lange her. Ein Mitglied hatte für
mich gebürgt. Anlass war eine Musikveranstaltung, doch wer damals
aufgetreten ist, weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich aber, dass es einen
Snooker-Raum, einen Biergarten und eine altmodische Bar gab. Die wurde
später für die Pub-Szenen in der Fernsehserie „Love/Hate“, die in der
Dubliner Unterwelt spielt, genutzt.
Der Club, der ursprünglich „City and County of Dublin Working Men’s Club“
hieß, wurde 1883 gegründet und residierte zunächst in einem georgianischen
Gebäude in der York Street. Er war einer von mehreren Arbeitervereinen, die
von den Tories in Großbritannien und Irland gegründet wurden, weil die
Partei die Unterstützung der Arbeiterklasse gewinnen wollte.
Bei seiner Gründung trugen neun der ehrenamtlichen Vizepräsidenten des
Clubs einen Adelstitel, sieben waren Parlamentsabgeordnete, und elf waren
Juristen. Sowohl Randolph Churchill, Schatzkanzler des Vereinigten
Königreichs im 19. Jahrhundert und Vater von Winston, als auch Stafford
Northcote, sein Vorgänger als Schatzkanzler, waren Schirmherren.
## Camden Row
1962 zog der Club in das heutige Domizil in der Camden Row um. Das Gebäude
war einst ein Arbeitshaus. Gegenüber lag das Gerichtsgebäude, mit dem es
durch einen Tunnel verbunden war. Später diente es als protestantisches
Hospiz und dann als Schule.
Um das Gebäude ist ein Trockengraben gezogen, der die Flucht aus dem
Arbeitshaus verhindern sollte, ebenso wie die hohen Mauern um den Garten
hinter dem Haus. Ein solches Gebäude hätte sich vermutlich der frühere
Tory-Chef und Premierminister Rishi Sunak für seine Abgeordneten gewünscht,
um deren Rückzug aus der Politik zu verhindern. 77 von ihnen hatten schon
vor den Wahlen im Juli das Handtuch geworfen.
Der Dublin Conservative Club hatte in den achtziger Jahren 400 Mitglieder,
heute sind es noch 240, im Alter zwischen 55 und 85. Da geht man nicht mehr
so oft ins Wirtshaus. „Nur noch 30 lassen sich hier einmal in der Woche
blicken“, bedauert O’Neill. Von den Einnahmen könne man nicht mal die
Heizkosten bezahlen.
Das Geld für den Verkauf des Gebäudes wird unter den Clubmitgliedern
aufgeteilt. Das hätte ich wissen sollen, dann wäre ich noch schnell
eingetreten.
30 Sep 2024
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