# taz.de -- Gaza-Krieg und Weltkindertag: Auch Israelis unter den Opfern

> Kinder sind die unschuldigen Opfer jedes bewaffneten Konflikts. Doch das
> schützt sie nicht davor, instrumentalisiert zu werden – wie derzeit in
> Gaza.
Am 20. September jährt sich der UN-Weltkindertag zum 70. Mal. Das
diesjährige Motto lautet: „Mit Kinderrechten in die Zukunft“. In
Kriegsgebieten wie Gaza klingt das hehre Ziel aber hohl.

Dort herrschen Tod und Verstümmelung, Obdachlosigkeit, Vertreibung,
Verwaisung, Mangelernährung und fehlende medizinische Versorgung. Solche
Zustände hinterlassen mindestens tiefe psychische Wunden und langfristige
Traumata.

Das Kinderhilfswerk Unicef, das sich auf Angaben des palästinensischen
Gesundheitsministeriums stützt, meldet mittlerweile den Tod von 14.000
Kindern in Gaza seit Oktober 2023. Es herrscht also profundes Leid, so
abgrundtief wie das Tunnelnetz des Terrors, das von der Hamas mit großem
Aufwand angelegt wurde. Denn die Frage muss gestellt werden: Wer ist
ursächlich für das Leid der Kinder in Gaza verantwortlich?

Für viele steht die Antwort fest. Sie richten den Zeigefinger auf den
„Zionismus“. Nachrichtenagenturen und NGOs stehen Schlange, um ihre Kritik
an Netanjahu & Co. zu verlautbaren. Das ganze jüdische Volk wird so in
Sippenhaft für die Kriegsführung in Gaza genommen, und somit wird die
Grenze zur Ritualmordlegende überschritten.

## Selektiver Humanismus

Es handelt sich um eine seit dem Mittelalter vor allem von Christen
verbreitete Beschuldigung, die das Judentum des Ritualmords an Kindern
bezichtigt. Die Nationalsozialisten griffen die Legende allzu gern auf, um
den Hass gegen Juden systematisch zu schüren. Nun ist der Mythos ein
integraler Bestandteil der propalästinensischen Propaganda, und dieser
wirkt sich schonungslos auf das Leben jüdischer Menschen aus.

Der selektive Humanismus übersieht dabei, dass es auch in Israel gefährdete
Kinder gibt. Sie machen rund die Hälfte der circa [1][250.000
Binnenflüchtlinge] aus, die auch in ihren Notunterkünften mit
Raketeneinschlägen rechnen müssen. Die UNO und das Rote Kreuz kümmern sich
aber genauso wenig um sie, wie ihnen die minderjährigen israelischen
Geiseln der Hamas viel Aufmerksamkeit wert waren.

In dem globalen Infokrieg sind es fast ausschließlich palästinensische
Kinder, die als wahrnehmenswert gelten. Die Kids von Gaza fungieren als
Waffen, und zwar wortwörtlich. Sogar Amnesty International [2][bestätigte
bereits 2005,] dass die Hamas Kinder als Soldat:innen und
Selbstmordattentäter:innen einsetzt. Inzwischen hat die Hamas die
Praxis gezielt ausgeweitet. Doch das Entsetzen seitens Amnesty
International und der anderen NGOs lässt kurioserweise nach.

Die Medien liefern eine Endlosschleife des Elends, die der Hamas
propagandistisch in die Hände spielt. Während linke Kreise die erwiesenen
Übeltaten der Hamas teils verharmlosen, teils leugnen oder sogar
rechtfertigen, wird Israel an einem unerreichbar hohen Standard der Langmut
gemessen.

## Moralische Mitschuld

Wann aber wird die Hamas endlich ebenso engagiert dafür angeprangert, die
eigene Zivilbevölkerung zum Kanonenfutter zu degradieren und sie als
Kollateralschaden sterben zu lassen? Hauptsache, es wird
schlagzeilenträchtig berichtet, ein Schulgebäude sei durch die IDF zerbombt
worden – [3][auch wenn das Haus mittlerweile zur militärischen
Kommandozentrale umfunktioniert wurde.] Dass Israel inmitten des Kriegs im
Gazastreifen die [4][Impfung von 640.000 Kindern gegen Polio] ermöglicht
hat, wird von den Medien nur en passant verkündet: Denn es widerspricht dem
Feindbild einer ausschließlich brutalen Besatzungsmacht.

Und wer ist endlich dazu bereit, auch die Zivilbevölkerung Gazas in die
Pflicht zu nehmen? Wer wagt es, sie auf ihre moralische Mitschuld an der
eigenen Misere hinzuweisen?

2006 wählte sie die Hamas ins Amt, und in den 18 ununterbrochenen Jahren
der Hamas-Alleinherrschaft gab es keine Wahlen mehr in Gaza und nur geringe
Proteste. Anstatt sich gegen die Hamas aufzulehnen, feierten viele
Erwachsene vor elf Monaten den verheerenden Terrorangriff auf Israel voller
[5][Begeisterung].

Ist es die Schuld Israels, dass die Demokratie für die Menschen in Gaza
nie eine Priorität war? Sind sie nicht auch für das Wohl ihre Kinder
verantwortlich? Oder will die internationale Öffentlichkeit sie für immer
wie Unmündige behandeln, für deren Schicksal ausschließlich fremde Mächte
verantwortlich sind?

20 Sep 2024

## LINKS
[1] https://www.juedische-allgemeine.de/israel/250-00-israelis-auf-der-flucht/
[2] https://web.archive.org/web/20090906152355/http://asiapacific.amnesty.org/library/Index/ENGMDE150332005?open&of=ENG-ISR
[3] https://www.timesofisrael.com/liveblog_entry/idf-says-it-struck-hamas-command-and-control-center-in-gaza-city-school-building/
[4] /-Nachrichten-im-Nahost-Krieg-/!6033521
[5] https://www.memri.org/tv/palestinians-gaza-west-bank-celebrate-october-seven-massacre-hand-out-sweets-fire-guns
## AUTOREN
Michaela Dudley
## TAGS
Gaza-Krieg
Kinder
Antisemitismus
GNS
Black Lives Matter
Kolumne Fernsicht
Geisel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Antisemitismus
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