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Bei den Republikanern kommt die Wende der US-Notenbank nicht gut an. „Die
drastische Zinssenkung der Fed ist schamlos politisch“, schrieb Alabamas
Senator Tommy Tuberville auf X. Die Fed versuche offensichtlich mit ihrer
Entscheidung, „den Ausschlag zugunsten von Kamala Harris zu geben“. Zuvor
hatte die US-Notenbank Fed am Mittwoch das erste Mal seit über vier Jahren
ihren Leitzins gesenkt. Und zwar um 0,5 Prozentpunkte. Er liegt nun
zwischen 4,75 und 5 Prozent. Fed-Chef Jerome Powell begründete dies mit der
gesunkenen Inflation und der gestiegenen Arbeitslosigkeit.
Denn im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank soll die Fed bei ihren
geldpolitischen Entscheidungen nicht allein die Inflation, sondern auch den
Arbeitsmarkt im Blick haben. Dabei kurbeln niedrigere Zinsen die Wirtschaft
an, da Unternehmen und Konsument*innen dadurch günstiger an Kredite
kommen. Das steigert die Nachfrage, was wiederum gut für den Arbeitsmarkt
ist. Jedoch verleitet es die Unternehmen auch, die Preise anzuheben.
Ab März 2022 hatte die US-Notenbank im Kampf gegen die steigende Inflation
mehrfach die Zinsen erhöht und zuletzt über ein Jahr lang konstant hoch
gehalten. Die nun vollzogene Kehrtwende war mit 0,5 Prozentpunkten
ungewöhnlich schnell. Normalerweise ändert die Fed die Zinsen nur um 0,25
Prozentpunkte. „Der Zinsentscheid war aber so erwartbar, weil sich eine
Abschwächung der US-Wirtschaft schon länger angedeutet hat“, sagt die
Zentralbankexpertin Silke Tober vom Institut für Makroökonomie und
Konjunkturforschung (IMK) der taz. Bereits im Juli trübte sich der
Arbeitsmarkt ein. Im August kündigte Powell auf dem [1][Notenbanktreffen in
Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming] Zinssenkungen für diesen Monat an.
Zuletzt stieg die Arbeitslosigkeit auf 4,2 Prozent, während die Inflation
auf 2,2 sank.
Während Noch-US-Präsident Joe Biden die Zinssenkung als Beweis nahm, dass
seine Politik erfolgreich die Inflation gesenkt habe, passt Ex-Präsident
und Kandidat der Republikaner, Donald Trump, die Zinssenkung so kurz vor
der Wahl im November gar nicht in den Kram, obwohl er selbst auch ein
Befürworter niedriger Zinsen ist. Allerdings befürchtet Trump, dass
niedrigere Zinsen seiner [2][Widersacherin Kamala Harris] zugute kommen.
Nun versucht Trump, die Zinswende zu seinen Gunsten zu framen. Laut dem
US-Magazin Forbes sagte er Reporter*innen, die Entscheidung der
Notenbank zeige, dass es der Wirtschaft sehr schlecht geht“,
„vorausgesetzt, [die Fed] spielt nicht nur Politik“. Dabei geht es der
US-Wirtschaft alles andere als schlecht. „Auch in diesem Jahr wird sie
deutlich stärker wachsen als die Wirtschaft im Euroraum“, sagt Ökonomin
Tober. So legte die US-Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um 2,5
Prozent zu, während es im Euroraum nur 0,4 waren. Für 2024 schätzen Tober
und ihre Kolleg*innen für die USA ein ähnlich starkes Wachstum und für
die Eurozone weiterhin eine Wirtschaftsschwäche.
Laut Tober ist in den USA also vorerst keine Rezession in Sicht. Die Fed
wolle lediglich sicherstellen, dass die Wirtschaft weich lande. „Außerdem
ist bekannt, dass sie schnell reagiert, wenn sich der Arbeitsmarkt
eintrübt“, so die Expertin. Die US-Notenbank betreibt sozusagen Geldpolitik
aus dem Lehrbuch. Und die Finanzmärkte freut das offenbar. Der Deutsche
Leitindex DAX knackte die Marke von 19.000 Zählern am Donnerstag und stieg
auf ein Rekordhoch. Denn niedrige Zinsen machen Aktien als Geldanlagen
attraktiver.
Ob die Fed-Entscheidungen noch vor den [3][Präsidentschaftswahlen]
nennenswerte Auswirkungen auf die US-Wirtschaft haben, ist allerdings
diskutierbar. Der US-Sender CNN schreibt, dass es ein Jahr dauere, bis
Zinssenkungen bei den Verbrauchern ankommen, und beruft sich dabei auf
Daten der Notenbank in St. Louis. Laut Expertin Tober kann der
Zinsentscheid aber durchaus schon vorher eine gewisse Wirkung entfalten.
Allein schon, weil er schon lange vorher von der Fed angekündigt worden war
und bereits von den Finanzmärkten eingepreist wurde.
Für Tober ist dies jedoch kein Zeichen, dass die Entscheidung der Fed eine
politische war. Ganz im Gegenteil: „Es zeigt, dass sich Powell nicht dem
Druck gebeugt hat, den Trump aufgebaut hatte.“ Der Fed-Chef habe nur
gemacht, was für die US-Wirtschaft richtig sei.
Powell, der 2017 von Trump zum Notenbank-Chef ernannt worden, bald aber
wegen einer Zinsanhebung in Ungnade gefallen war, wehrt sich indes selbst
gegen Einflussnahme aus der Politik: „Wir dienen keinem Politiker, keiner
politischen Figur, keinem Anliegen, keiner Sache, gar nichts“, sagte
Powell. „Es geht nur um maximale Beschäftigung und Preisstabilität im Namen
aller Amerikaner.“
Zudem sind Zinsänderungen rund um Wahlen alles andere als unüblich. Seit
1972 hat die Fed bis auf zwei Ausnahmen in allen Jahren mit
Präsidentschaftswahlen die Leitzinsen geändert.
19 Sep 2024
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