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Singapur taz | Den Auftakt seiner schon dritten Europareise der im Juni
begonnenen neuen Amtsperiode machte Indiens Premier Narendra Modi am
Donnerstag an einem Kriegsmahnmal in Warschau. Es ist ein historischer
Besuch, denn erstmals seit 1979 kommt ein indischer Regierungschef nach
Polen. Ziel sei es, die bilateralen und verteidigungspolitischen
Beziehungen zum „wichtigen Wirtschaftspartner in Mitteleuropa“ zu stärken.
„Indien ist fest davon überzeugt, dass kein Problem auf dem Schlachtfeld
gelöst werden kann“, sagt Modi bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem
Amtskollegen Donald Tusk. Tatsächlich ist Warschau aber nur eine
Zwischenstation auf dem Weg zum länger erwarteten Besuch des 73-Jährigen in
Kyjiw. Modi soll dort am Freitag, dem Vorabend des ukrainischen
Unabhängigkeitstages, eintreffen.
Seine jetzige Reise würdigt die Rolle Mittel- und Osteuropas bei der
Umgestaltung der regionalen Geopolitik, sagt Chilamkuri Raja Mohan,
Gastprofessor am Institut für Südasienstudien der Nationalen Universität
von Singapur. Er sieht sie als Teil der Bemühungen der vergangenen zehn
Jahre, Europa in der indischen Außenpolitik mehr Gewicht zu verleihen,
schreibt er in der Zeitung Indian Express.
Zuletzt war Modi in Österreich zu Gast und beim G7-Gipfel in Italien, wo er
auch Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj traf. Auch der ist daran
interessiert, die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu Indien zu stärken,
insbesondere bei Agrarexporten.
## Modi will Indien als neutrales Land positionieren
Doch hat Delhi es [1][bisher vermieden, den russischen Angriffskrieg gegen
die Ukraine klar zu verurteilen.] Stattdessen profitiert Indien von
erhöhter Aufmerksamkeit der geopolitischen Lager, sagt der Indienexperte
Tobias Scholz, Fellow am Thinktank GPPI in Berlin, zur taz. „Modi sieht die
wieder erstarkte Blockbildung als Chance für seine transaktionale
Außenpolitik, Indien als neutrales Land zu positionieren.“
Bei seinen sehr unterschiedlichen Reisen habe er nicht unbedingt den
Anspruch, wie von ihm behauptet, Chefunterhändler für einen dauerhaften
Frieden in der Ukraine zu sein. „Stattdessen geht es Modi im Kern darum,
seinen Unterstützer:innen zu Hause sowie seinen internationalen
Partnern zu zeigen, dass Indien eine weltweit geschätzte Macht ist, die
eine strategisch unabhängige Außenpolitik betreibt.“ [2][So wie der Westen
Modis Moskau-Besuch im Juli hinnehmen musste,] könne der Kreml jetzt nur
zusehen, wie Modi in Kyjiw empfangen werde, so Scholz.
[3][Indiens Beziehungen zur Sowjetunion sind historisch und werden weiter
gepflegt,] um den Import günstiger Energieträger und Rüstungsimporte aus
Russland sicherzustellen. „Außerdem möchte Neu-Delhi verhindern, dass
Russland zu einem Vasallenstaat seines Erzrivalen China wird, der sich in
letzter Konsequenz auch gegen Indien stellt“.
Dennoch: „Modis Reise nach Kyjiw signalisiert einen subtilen Wandel“, meint
Šumit Ganguly, Gastwissenschaftler an der Universität Stanford. Zudem
hätten Modi und Putin bei ihrem Treffen wenig Substanzielles erreicht.
## Handel zwischen der Ukraine und Indien ist gewachsen
Der Termin nun ist besonders für westliche Länder von Bedeutung, da nicht
nur Kyjiw heftig auf den Besuch in der russischen Hauptstadt reagiert
hatte. Auf der anderen Seite ist bisher noch kein indischer Premier in die
unabhängige Ukraine gereist, die Modi „Freund und Partner“ nennt.
Der Handel zwischen Indien und der Ukraine ist sogar gewachsen und
erreichte im Geschäftsjahr 2021–2022 3,3 Milliarden Dollar. Indien hat seit
Russlands Angriff rund 100 Tonnen humanitärer Hilfsgüter an die Ukraine und
deren Nachbarn bereitgestellt.
22 Aug 2024
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