| # taz.de -- Die Wahrheit: Mit Nudelholz und Schlagstock
> Frauen im Polizeidienst galten in Irland lange Zeit als unerhört und
> verleiteten etliche Politiker prompt zu hanebüchenen Statements.
Diesen Fehler hat er nur einmal gemacht: Jim, ein längst pensionierter
Polizist, erinnert sich an das Jahr 1959, als die irische Polizei zum
ersten Mal Frauen eingestellt hat. „Willkommen in der Truppe, Darling“,
hatte Jim die neue Kollegin begrüßt. Das brachte ihm eine Abmahnung ein.
Kurz darauf war die Polizistin verschwunden – sie hatte geheiratet.
Damals gab es die sogenannte marriage bar, eine Rechtsvorschrift, die es
Frauen verbot, nach ihrer Heirat im öffentlichen Dienst zu arbeiten. Irland
hatte das Verbot in den dreißiger Jahren eingeführt. Das brachte Probleme
für den Polizeidienst mit sich, weil „attraktive Polizistinnen den Dienst
quittierten, um zu heiraten und attraktive Kinder zu bekommen“, wie eine
Zeitung monierte.
Das Thema wurde im Parlament debattiert. Ein parteiloser Abgeordneter hatte
eine grandiose Idee, wie man den Abgang der Polizistinnen bekämpfen
könnte. In einer Rede im Mai 1958 machte Frank Sherwin, der 27 Tanzhallen
und eine Schule für Gesellschaftstänze in Dublin betrieb, den Vorschlag,
dass „die Rekrutinnen zwar keine Pferdegesichter haben, aber auch nicht zu
gut aussehen sollten“. Er fügte hinzu: „Sie sollten ganz normale Frauen
sein, aber keine Heiratskandidatinnen.“
In der Parlamentsdebatte wurde auch über die Uniformen der Polizistinnen
gesprochen. Die Abgeordnete Mary Crowley von der konservativen Partei
Fianna Fáil sagte, sie hoffe, dass „die Mädchen gut gekleidet und nicht
frumpelig“ sein würden. „Wenn die Mädchen wissen, dass sie schick aussehen,
werden sie bessere Polizistinnen sein“, fügte sie hinzu.
Ihr Parteifreund Donogh O’Malley hatte Bedenken: „Mich schaudert es, wenn
ich mir vorstelle, in was für Uniformen sie wohl erscheinen werden.“ Er
hatte jedoch einen Rat: „Die Stewardessen von Aer Lingus haben sehr schön
gestaltete Uniformen. Sie sind eine Zierde für Irland.“
Wer befürchtete, dass Polizistinnen nicht mit männlichen Kollegen mithalten
könnten, wurde von Joseph Brennan, ebenfalls von Fianna Fáil, eines
Besseren belehrt. Er hatte offenbar zu viele Cartoons gesehen und
behauptete, dass Frauen gut mit einem Nudelholz umgehen können: „Deshalb
können sie genauso gut wie ein Mann einen Schlagstock schwingen.“
Sherwin wiederholte seinen törichten Vorschlag drei Jahre später. Ob er
wisse, dass viele Polizistinnen demnächst heiraten würden, fragte er den
damaligen Justizminister Charles Haughey 1962 und riet ihm: „Attraktive
Frauen sollten im öffentlichen Interesse nicht rekrutiert werden.“
Der marriage bar wurde 1973 mit Irlands Beitritt zur Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft abgeschafft. Sherwin starb 1981. Nach seinem Tod
hat die Dubliner Stadtverwaltung eine Brücke über den Fluss Liffey nach
ihm benannt. Die Frank Sherwin Bridge ist abgrundtief hässlich.
19 Aug 2024
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