# taz.de -- Judith Butler und die Hamas: Oops, she did it again

> Judith Butler feiert bei einem Auftritt in Paris die Hamas und die
> Hisbollah als antiimperiale Kräfte. Von Antisemitismus will sie nichts
> wissen.
Allmählich verdient sie nicht nur Respekt, wie es einer arrivierten
Denkerin in ihrem eigenen philosophischen System so prinzipiell geziemt,
sondern auch und vor allem: Hochachtung. Es kann passieren in der
(jüdischen, nichtjüdischen) Welt, was auch immer. Aber sie, die berühmteste
Philosophin der Jetztzeit, ist unerschütterlich, sie bleibt, wie von ihr
bekannt, fern aller politischen Empirie und [1][sagt, nun in Paris: Die
Hamas habe am 7. Oktober kein Massaker der besonderen Art verübt, sondern
habe vielmehr Widerstand geübt]. Sowieso lese sie in der Hamas und ihren
Taten keinen Antisemitismus.

„Wir können unterschiedliche Ansichten über die Hamas als politische Partei
haben. Wir können unterschiedliche Ansichten über den bewaffneten
Widerstand haben“, so Butler. „Aber ich denke, es ist ehrlicher und
historisch korrekter zu sagen, dass der Aufstand vom 7. Oktober ein Akt des
bewaffneten Widerstands war. Es handelt sich nicht um einen terroristischen
Angriff und auch nicht um einen antisemitischen Angriff.“ Vielmehr: „Es war
ein Angriff gegen Israelis.“

Also nicht gegen Juden und Jüdinnen, so ist diese Sentenz zu verstehen,
eine Attacke gegen Israel, das sie mit dem Selbstverständnis als strikt
diasporische Jüdin als Staat mit seiner Gründung nach dem Holocaust und der
Geschichte der europäischen und arabischen Pogrome gegen die Judenheit
kategorisch ablehnt.

## Israel stehe einem palästinensischem Glück entgegen

[2][Was in Frankreich jetzt fette Welle macht und zur Verschiebung diverser
Vorträge Butlers dort nun führt], ist allerdings nicht neu, ihre
beifallumtosten Ausführungen hat sie exakt so oder leicht variiert schon
woanders gehalten – die Hamas und die Hisbollah zählen für sie
gespenstischerweise seit Langem zur Front antiglobalistischer und
antiimperialer Kräfte, die es nicht zu verwerfen gelte: Israel, so oder so,
stehe einem palästinensischen Glück seit seiner Staatsgründung entgegen.

Markant sind allenfalls zwei Umstände: dass Butler sich explizit auch
politisch argumentierend versteht und dabei (empirisch blind) verkennt,
dass der 7. Oktober kein Hamas-Angriff auf israelische Militärs war,
sondern ein Schlachten und Morden an Wehrlosen (sehr oft: Teilen der
israelischen Friedensbewegung). Die Hamas-Marodeure zeigten sich nicht in
Gefolgschaft Mandelas und Gandhis, sondern in der Tradition der SS in
Osteuropa.

Der andere Umstand bleibt ebenso obskur: Wenn ihr identitär am Dasein als
Minderheit, als (jüdische) Kassandra, am Leben in der Diaspora läge –
weshalb macht es sie nicht skeptisch, längst Heilige eines antisemitischen
Mainstreams geworden zu sein?

7 Mar 2024

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[1] https://twitter.com/josephhirsch5/status/1764784098822750420?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1764784098822750420%7Ctwgr%5Ef9abdea76799ab2095171cd57eaa0889b5bbacc6%7Ctwcon%5Es1_c10&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.perlentaucher.de%2F9punkt%2F2024-03-06.html
[2] https://twitter.com/ENS_ULM/status/1765092789359161646?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E1765092789359161646%7Ctwgr%5Ef9abdea76799ab2095171cd57eaa0889b5bbacc6%7Ctwcon%5Es1_c10&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.perlentaucher.de%2F9punkt%2F2024-03-06.html
## AUTOREN
Jan Feddersen
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