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Berlin taz | Nach dem [1][vorzeitig beendeten Streik] wird nun erstmal
öffentliche Funkstille im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn (DB)
und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) herrschen. Das
zumindest hat GDL-Chef Claus Weselsky angekündigt. Mit der Aufnahme der
Verhandlungen Anfang kommender Woche „tauchen die beiden
Verhandlungsparteien ab“ und würden bis zum Ende der Gespräche „keinerlei
Informationen absetzen“, sagte Weselsky am Montag in Berlin.
Die vereinbarte strenge Vertraulichkeit ist Teil einer Verständigung, die
die DB und die GDL am Samstag erreicht hatten. Danach wollen beide Seiten
versuchen, bis zum 3. März einen Tarifabschluss zu erzielen. Bis dahin gilt
eine Friedenspflicht, die GDL wird also in dieser Zeit nicht zu einem neuen
Streik aufrufen. „Diese Pause tut beiden Seiten gut“, meinte Weselsky. Eine
Verlängerung der Gespräche sei ebenso möglich wie das Hinzuziehen von zwei
Moderator:innen, wenn dies von einer Seite gewünscht wird.
Um den Weg für die Aufnahme von Verhandlungen frei zu machen, hat die DB
ihre Bereitschaft erklärt, über Modelle zur Arbeitszeitverkürzung für
Schichtarbeiter:innen zu verhandeln. Auch sei sie bereit, statt einer
prozentualen Lohnerhöhung einen Festbetrag mit der GDL zu vereinbaren,
[2][wie diese es gefordert hatte].
Außerdem sagte sie zu, auch über einen Tarifvertrag für die Beschäftigten
in der Netzinfrastruktur – etwa in den Stellwerken – zu sprechen, ohne
allerdings der GDL zuzusagen, einen solchen Vertrag am Ende tatsächlich
abzuschließen. Denn nach Auffassung der DB habe die GDL hier in keinem
Bahn-Teilbetrieb eine Mehrheit, sondern vielmehr die konkurrierende EVG.
Last but not least vereinbarte die DB mit der GDL die Auszahlung von 1.500
Euro im März als erste Tranche einer Inflationsausgleichsprämie, deren
Gesamthöhe noch ausgehandelt werden muss.
„Wir sind sehr zuversichtlich, dass es dann auch am Ende zu einem
Tarifabschluss kommen wird“, zeigte sich Bahn-Sprecherin Anja Bröker am
Montag optimistisch. Auch Weselsky gab an, er sei „guter Dinge“. Die
Verhandlungen würden aber anspruchsvoll.
Er verwies auf die Tarifabschlüsse mit einer Reihe kleinerer
Eisenbahnunternehmen, die jedoch unter Vorbehalt einer Einigung mit der DB
stehen. In diesen Abschlüssen wurde eine Erhöhung des monatlichen
Grundgehalts in zwei Stufen um insgesamt 420 Euro sowie eine Verringerung
der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter:innen in vier Stufen bis
2028 von 38 auf 35 Stunden ohne Lohnverlust vereinbart. „Wir werden alles
tun, um in den Verhandlungen vergleichbare Ergebnisse zu erzielen“, sagte
Weselsky. „Daher liegt die Latte hoch.“
## Warnstreik im öffentlichen Personennahverkehr
Während bei der Deutschen Bahn erst einmal Streikpause ist, werden als
Nächstes aber die Busse, Straßen- und U-Bahnen des öffentlichen
Personennahverkehrs stillstehen. Für diesen Freitag ruft die
Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu einem bundesweiten Warnstreik auf. Da
die bisherigen Tarifverhandlungen ohne Ergebnis geblieben sind, sei „jetzt
der Zeitpunkt gekommen, um mehr Druck auf die Arbeitgeber zu machen“, sagte
die stellvertretende Verdi-Vorsitzenden Christine Behle am Montag in
Berlin.
„Wir haben einen dramatischen Mangel an Arbeitskräften im ÖPNV und einen
unglaublichen Druck auf die Beschäftigten“, so Behle. Bislang seien die
Arbeitgeber jedoch nicht bereit, den Beschäftigten entgegenzukommen. „Die
Antwort unsererseits ist, dass wir jetzt zu einem ganztägigen Streik
aufrufen“, sagte sie. Nur in Bayern werde nicht gestreikt, weil es dort
noch einen laufenden Tarifvertrag gibt
In den restlichen Bundesländern verhandelt die Gewerkschaft derzeit
parallel mit den kommunalen Arbeitgeberverbänden über neue Tarifverträge
für die Beschäftigten im ÖPNV. Von der Tarifrunde sind laut Verdi mehr als
130 kommunale Unternehmen in den Städten und Landkreisen sowie insgesamt
90.000 Beschäftigte betroffen. Bei der ersten Verhandlungsrunde vergangene
Woche kam in keiner Region eine Lösung zustande.
Die Tarifverträge unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland an vielen
Stellen und in jedem Tarifbereich gibt es eigenständige Forderungen, die
jedoch [3][in den Kernforderungen übereinstimmen]. In den meisten Ländern
geht es um die sogenannten Manteltarifverträge, in denen vor allem die
Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten geregelt werden.
So fordert Verdi unter anderem in mehreren Bundesländern eine Verkürzung
der Wochenarbeitszeit, eine Erhöhung des Urlaubsanspruches, zusätzliche
Entlastungstage für Schicht- und Nachtarbeit sowie Begrenzung geteilter
Dienste und unbezahlter Zeiten im Fahrdienst. In Brandenburg, dem Saarland,
Sachsen-Anhalt und Thüringen werden außerdem auch die Löhne und Gehälter
der Beschäftigten verhandelt.
Unterstützt wird der Warnstreik von 60 lokalen Gruppen der Fridays for
Future. „Wir alle brauchen einen verlässlichen Nahverkehr, mit dem wir
sicher und günstig zur Arbeit, in den Club oder nach Hause kommen“, sagte
deren Sprecherin Darya Sotoodeh. „Obwohl die Beschäftigten im Nahverkehr
uns täglich dorthin bringen, gehen die Kürzungen von Scholz, Habeck und
Lindner auf ihre Kosten: Sie haben immer weniger Pausen, werden aufgrund
der hohen Belastung immer öfter krank und nicht wenige verlassen deswegen
ihren Job.“ Das müsse sich jetzt ändern.
29 Jan 2024
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