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BERLIN taz | Draußen wummert es, gerade ruckelt ein Bauarbeiter mit einer
Rüttelmaschine Pflastersteine in den Boden. Senatorin Katharina
Günther-Wünsch (CDU) hat sich für ihre Pressekonferenz zum Schulstart trotz
des Lärms einen dankbaren Ort ausgesucht. Denn drinnen ist die Schule
fertig, Lehrer*innen, Erzieher*innen und Eltern sind wenige Tage vor
Schulstart damit beschäftigt, die Klassenräume einzurichten. Zumindest so
weit, dass es am Montag mit dem Schulbetrieb schon mal losgehen kann. Was
hier entsteht, sei „die Zukunft des Lernens in Berlin“, sagt die Senatorin
zum Auftakt ihrer Pressekonferenz zum Schulstart.
Hier an der Landsberger Allee, direkt neben dem Europasportpark, ist
[1][Berlins erste Compartmentschule] nun fast fertig. Compartment, weil die
Klassenräume im neuen Gebäude der Maria-Leo-Grundschule nicht mehr entlang
langer Flure aufgereiht, sondern als offene, von mehreren Seiten
zugängliche Räume mit großen Fensterfronten gebaut wurden, in denen die
Schüler*innen selbstständig zwischen Schreibtischen, Stehtischen und
Leseecken wechseln können. „Wir wollen hier Schule neu denken“, sagt
Schulleiterin Sandra Scheffel. „Wir sind auf allen Ebenen inklusiv“, sagt
sie und erzählt, wie viel Freude es ihr und dem Team bereitet habe, die
Schule und das [2][an Montessori-Pädagogik angelehnte Konzept] zu
entwickeln.
Vor diesem Hintergrund hat Schulleiterin Scheffel auch keine Probleme,
Lehrer*innen zu finden die an ihrer Schule arbeiten wollen – im
[3][Gegensatz zu zahlreichen anderen Schulen] in Berlin, die teilweise nur
80 Prozent oder sogar nur 60 Prozent ihres Stellenbedarfs mit ausgebildeten
Lehrer*innen decken konnten.
„Ja, es fehlen Stellen“, sagt Bildungssenatorin Günther-Wünsch. Aber der
Unterricht sei von Lehrer*innen abgedeckt. Um Lehrer*innen zu
entlasten, könnten Schulen nun auch Verwaltungsmitarbeiter*innen
einstellen, oder [4][Mitarbeiter*innen aus anderen Berufsfeldern],
etwa Lerntherapeut*innen, pädagogisch Unterrichtshilfen,
Sozialarbeiter*innen oder Erzieher*innen. Hoffnung mache ihr auch,
dass Berlin mit rund 3.225 Personen mehr neue Lehrer*innen als noch zum
vorherigen Schuljahresanfang eingestellt hätte. Im Mai hatte es noch so
ausgesehen, als ob etwa 1.460 volle Lehrer*innenstellen frei bleiben
würden – im Schnitt zwei pro Schule. „Das könnte sein, dass es doch weniger
als befürchtet werden“, sagte Günther-Wünsch. Genaue Zahlen würden erst
Ende September vorliegen.
## Zahl der Schulplätze steigt
Berlins Schulen stehen damit weiterhin vor dem großen Problem: Der
[5][Lehrer*innenmangel verschärft sich und gleichzeitig steigt die
Zahl der Schulplätze]. Mit rund 395.110 Schüler*innen lernen mehr Kinder
und Jugendliche als je zuvor an Berlins allgemeinbildenden Schulen.
Darunter sind rund 7.500 Schüler*innen aus der Ukraine. Rund 1.100
geflüchtete Kinder und Jugendliche haben zum Schulstart noch keinen Platz
bekommen können. Die Senatorin setzt für sie auf [6][tagesstrukturierende
und schulvorbereitende Maßnahmen]. Und sie sieht eine leichte Verbesserung:
„Im Mai hatten wir rund 1.700 Geflüchtete ohne Schulplatz“, sagt sie.
Ein weiterer Schwerpunkt sei, es, die Bildungsqualität zu verbessern –
insbesondere angesichts der Ergebnisse aus den Vergleichsarbeiten, bei der
Berlins Schüler*innen nochmals schlechter abgeschnitten hatten als im
Vorjahr. Zwei Drittel der Schüler*innen in den Klassenstufen 3 und 8
hätten nicht die Mindeststandards in den Basiskompetenzen in Mathe und
Deutsch erreicht, räumte Günther-Wünsch ein. Es waren die ersten
umfassenden Vergleichsarbeiten nach Corona.
## Schulen sollen Qualitätsentwicklung machen
Die Bildungssenatorin will dafür Fachbereichsleiter*innen für Mathe
und Deutsch an den Grundschulen einsetzen. Deren Aufgabe soll es sein, die
Qualitätsentwicklung an den Schulen voranzubringen – oder überhaupt erst
anzustoßen. „Wir müssen mit den Ergebnissen arbeiten und daraus dann
Schlüsse für die Arbeit an den Schulen ziehen“, sagte die Senatorin.
Außerdem sollen halbjährliche Gespräche den Lernprozess der
Schüler*innen begleiten, und zukünftig sollen die Schüler*innen
mindestens vier statt bisher drei Klassenarbeiten in Deutsch und Mathematik
pro Schuljahr schreiben.
„Mit gemischten Gefühlen“ blicke er ins neue Schuljahr, sagt
Landeselternsprecher Norman Heise. Es sei erfreulich, dass sich tatsächlich
mehr Lehrer*innen mit unterschiedlichen Qualifikationen gefunden hätten.
„Das wäre spannend, die Gründe zu analysieren, damit man diese Effekte
verstärken kann“, sagte er. Er begrüßte die Fachbereichsleiter für die
Grundschulen. Er bezweifelte allerdings, dass tatsächlich an allen Schulen
der Unterricht gesichert sei.
Von den nahezu idealen Bedingungen an der [7][Maria-Leo-Grundschule]
scheinen die meisten anderen Schulen noch ein gutes Stück entfernt.
23 Aug 2023
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