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London taz | Ohne Moderation und Studiogäste und auf 20 Minuten gekürzt
lief das britische Fußballhighlight des Wochenendes am Samstag in der BBC.
Statt des „Match of the Day“ wurde eine Antiquitätenshow ausgestrahlt.
Moderator des „Sportschau“-Pendants ist normalerweise der ehemalige
englische Auswahlstürmer Gary Lineker, der dafür die Spitzengage des
Senders von umgerechnet knapp 1,5 Millionen Euro pro Jahr einsteckt. Doch
nun wurde Lineker, der seit 20 Jahren durch die Fußballsendung führt, von
der öffentlich-rechtlichen BBC suspendiert.
Der Grund: Lineker hatte am vergangenen Dienstag via Twitter die Maßnahmen
der britischen Regierung kritisiert, die sich gegen Menschen richten, die
den Ärmelkanal überqueren, um im Vereinigten Königreich Asyl zu beantragen.
Alle so Eingereisten sollen nach den neuen Regeln binnen 28 Tagen
abgeschoben werden. „Es gibt keinen großen Zustrom. Wir nehmen weniger
Flüchtlinge als andere große europäische Länder auf. Dies ist einfach eine
unfassbar grausame Maßnahme, die sich gegen die verletzlichsten Menschen
richtet, in einer Sprache, die der Deutschlands der 30er Jahre nicht
unähnlich ist“, [1][twitterte Lineker].
Eine Garde konservativer Politiker:innen sah darin einen schweren
Bruch der Neutralität der BBC und die rechte Boulevardpostille Daily Mail
posaunte tagelang, dass Lineker deshalb gefeuert werden sollte.
Innenministerin Braverman wollte in der Aussage eine Verharmlosung des
Holocaust erkennen. BBC-Intendant Tim Davie, selbst Tory-Mitglied,
[2][hatte zu seinem Amtsantritt die „Neutralität“ zu seinem Hauptanliegen
erklärt]. Damit reagierte er auf Beschwerden von Brexit-Unterstützer:innen,
die BBC sei vor und nach dem Referendum nicht neutral gewesen. Nun sagt er,
Lineker habe die Neutralitätsregeln gebrochen, und suspendierte ihn bis auf
Weiteres von seinem Job als Moderator.
## Freie Regelinterpretation
Die Frage, ob Lineker tatsächlich die Regeln gebrochen, wird seitdem heiß
diskutiert. BBC-Angestellten müssen die Balance halten – auch in sozialen
Medien. Für den Ruf der Rundfunkanstalt gilt das als besonders wichtig.
Aber Lineker ist kein Politikreporter, und in Sachen Fußball ist er mit
seinem Tweet ja neutral geblieben. Zudem unterliegt er als freier
Mitarbeiter anderen Regeln.
Bereits im Februar letzten Jahres stellte die Beschwerdestelle der BBC
einen Regelbruch Linekers fest. Er hatte via Twitter gefragt, ob die Partei
der damaligen Außenministerin Liz Truss Parteispenden russischer Geldgeber
wohl zurückgeben würde. Lineker habe als einer der Stars des Senders eine
„weiter greifende Verantwortung“, auch wenn er nicht den selben
Neutralitätsregeln unterworfen sei wie festangestellte
BBC-Journalist:innen.
Greg Dyke, BBC-Intendant von 2000 bis 2004, glaubt, dass der Sender selber
nicht neutral ist und sich dem Druck der Regierung gebeugt hat. In der
oppositionellen Labour-Partei sieht man das ähnlich. Dabei richtet sich der
Blick auch auf den BBC-Vorsitzenden Richard Sharp. Dieser erhielt seine
Stelle vom damaligen Premier Boris Johnson, kurz nachdem Sharp ihm geholfen
hatte, ein Privatdarlehen in Höhe von umgerechnet 900.000 Euro zu sichern.
Sharp hat den Torys zudem umgerechnet 450.000 Euro gespendet.
[3][Bemerkenswert ist vor allem die Solidarität], die Lineker
entgegengebracht wird. Seine Kolleg:innen kündigten unmittelbar nach
dessen Suspendierung an, dass sie ohne Lineker nicht auf Sendung gehen
würden. Schließlich meldete sich noch Premierminister Rishi Sunak zu
Wort, nachdem eine Yougov-Umfrage ergeben hatte, dass die Mehrheit der
Brit:innen die Suspendierung Gary Linekers für falsch hielten. Er hoffe,
dass die BBC und Lineker die Sache bald ausbügeln könnten.
12 Mar 2023
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