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Einer der ersten, der seiner Trauer Ausdruck verlieh, [1][war ein gewisser
Barack Obama]. „Heute“, twitterte der ehemalige US-Präsident, „haben wir
einen Giganten verloren“. Er sollte nicht allein bleiben:
Medienpersönlichkeiten, Prominente und Politiker, natürlich unzählige
Sportler hatten das dringende Bedürfnis, sich öffentlich von Bill Russell
zu verabschieden.
Russell, der am Sonntag im Alter von 88 Jahren verstorben ist, war mehr als
einer der besten Basketballspieler aller Zeiten. Er war sogar mehr als bloß
der „Ultimative Gewinner“ – ein Ehrentitel, den er sich mit zwei
College-Meisterschaften, [2][einem Olympiasieg und elf NBA-Titeln] verdient
hatte. Russell war ein Aktivist, der während und nach seiner aktiven Zeit
seine Berühmtheit nutzte, um gegen Rassismus und soziale Ungerechtigkeiten
zu kämpfen – und dafür lange Zeit nicht immer wohlgelitten war bei weißen
Basketballfans.
Davon war in den vergangenen Tagen nicht mehr die Rede. Überall wurde
Russell, der erfolgreichste Basketballer aller Zeiten, gewürdigt. Dabei
gewann Russell nicht, weil er besonders viele Punkte erzielte, sondern weil
er ein überragender Defensivstratege war. Mit seinen 2,08 Meter verbreitete
der Center Furcht und Schrecken unter den Körben, sodass die Boston Celtics
in den 13 Jahren, die Russell für sie aktiv war, dominierten.
Aber es waren die 50er- und 60er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Selbst
Sporthelden hatten in den USA damals noch mit unverhohlenem Rassismus zu
kämpfen, wenn sie schwarz waren. Russell wuchs auf in Louisiana, wo die
Rassentrennung noch nicht in Frage gestellt wurde. Zwar zog seine Familie,
als Bill 12 Jahre alt war, ins progressivere Kalifornien, aber vor allem
wenn Russell mit seinem Collegeteam auswärts spielte, holte ihn der
Rassismus wieder ein. Er und seine schwarzen Mitspieler wurden von den
Rängen beschimpft, sie bekamen kein Zimmer im Hotel.
## Elfmaliger Meister
All das wurde kaum besser, als Russell zum Profi wurde und zusammen mit dem
legendären Trainer und Manager Red Auerbach die bis dahin mediokren Celtics
zu einer Siegesserie führte, wie es sie noch nie gab und niemals wieder
geben wird. Die elf Titel von 1956 bis 1969 bleiben eine einmalige
Leistung, auch wenn man bedenkt, dass die Liga zu Beginn dieser Zeit nur
aus acht Teams bestand und das Niveau niedriger war als heute. Russell, der
zudem noch fünf Mal zum besten Spieler der Liga gewählt wurde, und Auerbach
machten die Celtics erst zu dem ikonischen Klub.
1966 beschloss Auerbach, sich aufs Management der Celtics zu konzentrieren
und berief Russell zum ersten schwarzen NBA-Chefcoach. Als Spielertrainer
holte Russell seine beiden letzten Titel, aber sein Verhältnis zu den Fans
in Boston war nicht ungetrübt. In seiner Autobiografie berichtet er, dass
er selbst von den eigenen Anhängern rassistisch angegriffen wurde, mit der
Lokalpresse lag er in einem ständigen Kleinkrieg.
Als er und weitere schwarze Profis 1961 ein Testspiel in Kentucky
boykottierten, weil sie in einem Café nicht bedient worden waren, wurde
Russell in Boston nicht mit Jubel begrüßt, sondern kritisiert. Das
gespannte Verhältnis zu den Fans kulminierte in einem Einbruch in seinem
Haus: Die Eindringlinge hinterließen rassistische Schmierereien an den
Wänden und Exkremente.
Mit den Jahren wurde Russell immer sensibler, was Rassismus anging und
engagierte sich auch politisch, marschierte an der Seite von Martin Luther
King, unterstützte die Black-Power-Bewegung sowie Muhammad Ali, als der die
Einberufung in die Armee verweigerte. Das FBI beobachte Russell, in seiner
Akte stand, er sei „ein arroganter N…, der weißen Kindern keine Autogramme
gibt“.
Das Verhältnis zwischen Boston und Russell blieb auch Jahrzehnte nach
seinem Rücktritt gestört. Offiziellen Terminen blieb er fern, sogar seine
Aufnahme in die Hall of Fame boykottierte er. Erst in den letzten Jahren
zeigte sich ein ergrauter, milde gewordener Bill Russell wieder öfter in
Boston und versöhnte sich mit der Stadt, auch wenn er der Kämpfer mit
großem Sinn für Gerechtigkeit blieb.
2 Aug 2022
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