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Unsicherheit macht sich breit im Peloton. Mehrere Dutzend Fahrer mussten
wegen positiver Coronatests die Tour de Suisse verlassen, darunter auch
der Gesamtführende Alexander Wlassow. Wegen teaminterner Infektionsherde
zogen sich vier Mannschaften komplett von der Rundfahrt zurück. „Es ist
verrückt. Dabei habe ich gedacht, wir haben das alles hinter uns“, äußerte
Geraint Thomas. [1][Der Tour-de-France-Sieger von 2018] muss bei der Tour
de Suisse auf seinen Co-Kapitän und nominellen Leader für die Tour de
France, Adam Yates, verzichten. Und auch sonst lichtet sich das Lager
derjenigen, die Top-Form für die Frankreichrundfahrt anstreben,
beträchtlich.
Auch Bora-hansgrohes designierter Tour-Kapitän Alexander Wlassow musste
wegen eines positiven Tests nach Hause. „Jetzt hoffen wir, dass wir unsere
Leute fit kriegen bis zum Tourstart. Da ist noch etwas Zeit. Wir haben die
Hoffnung nicht aufgegeben“, sagte Teamchef Ralph Denk der taz. Er betonte,
dass die Gesundheit des Sportlers Vorrang habe. Die Verunsicherung in der
Branche geht aber über die sich abzeichnende Besetzungsproblematik hinaus.
Denn für die Welle gibt es keine Erklärungen. „Ich bin überrascht. Der Giro
d’Italia verlief ohne große Probleme. Es gibt weiter die Hygiene-Protokolle
der UCI, an die sich die Teams auch halten. Manche führen selbst auch viel
strengere Regeln ein. Aber auch die hat es erwischt“, so Denk ratlos.
Die Regeln sind im Gegensatz zu 2020 und weiten Teilen der Saison 2021 zwar
gelockert. Aber viele Maßnahmen wie Maskenpflicht in Start- und Zielbereich
und PCR-Tests vor großen Rennen sind weiterhin in Kraft. „Vor Rennen mit
mehr als sieben Tagen Dauer muss man sich testen lassen. Es waren also alle
vor der Tour de Suisse negativ, sonst hätten sie nicht starten können.“
Denk vergleicht die Situation mit jener im März 2020 bei der Rundfahrt
Paris–Nizza. Da nahmen zahlreiche Teams aus Sorge vor Ansteckung gar nicht
erst am Rennen teil. Drei weitere Rennställe zogen sich nach positiven
Fällen komplett zurück. Es begann der europaweite Lockdown mit vier Monaten
ohne jedes Rennen.
Eine Rückkehr in diese Zeiten ist unwahrscheinlich. Aber strengere
Hygieneregeln, vor allem für den Kontakt mit Zuschauern, werden bereits
gefordert. [2][Das Magazin Cycling Weekly zitierte] – später gelöschte –
Tweets von Iñigo San-Millán, Teamarzt von UAE Emirates: „Mit der
gegenwärtigen laxen Haltung gegenüber Covid kann die Tour de France ein
komplettes Chaos werden, mit wichtigen Teams, die das Rennen verlassen. Le
Tour, kehr zurück zu den Blasen.“ UAE Team hat derzeit positive Fälle nicht
nur bei der Tour de Suisse, sondern auch bei der parallel stattfindenden
Slowenienrundfahrt. Dort ist [3][der zweimalige Tour-de-France-Sieger Tadej
Pogačar] am Start.
## Umstrittener Fankontakt
Das Infektionsrisiko schwebt nach den positiven Tests im unmittelbaren
Umfeld also auch über dem Superstar. Für die Tour de France regt San-Millán
an, den Kontakt mit Fans wieder zu unterbinden und Risikosituationen wie
Händeschütteln oder das Berühren von Türklinken und Fahrstuhlknöpfen
komplett zu vermeiden. Pogačar selbst sieht das offenbar anders. Er suchte
sogar beim Zieleinlauf den Kontakt zu seinen Anhängern.
Auch Bora-Teamchef Denk hält wenig vom Szenario der kompletten Abschottung.
„Es ist nicht gut für den gesamten Sport. Die Tour de France lebt von der
besonderen Atmosphäre. Wenn die nicht da ist, wenn Radsport nur zum
Fernsehsport wird, bleiben auf Dauer die Fans aus. Man sieht ja schon im
Fußball, welche Probleme die Klubs haben, die Fans wieder zurück ins
Stadion zu bringen. Und auch Sponsoren könnten das Interesse verlieren.“
Nötig ist also eine Balance zwischen Eindämmung und der Bewahrung der
Kernattribute des Umsonst-und-draußen-Sports. Welche Maßnahmen die Tour de
France einzuführen gedenkt, war von Rennorganisator ASO noch nicht zu
erfahren. Abhängig ist dies auch von den Rahmenbedingungen im Startland
Dänemark, in Frankreich sowie in der Schweiz.
19 Jun 2022
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