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Mit Sportromanen ist es so eine Sache. Solange es um die Sportler geht, ihr
Leben, was sie denken, wen sie lieben und wie sie leben, passt es meistens.
Wenn es aber auf das Spielfeld geht, dann wird es schwierig. Wird in aller
epischen Breite ein Spielzug geschildert, der nur ein paar Sekunden dauert,
kann es schnell öde werden. Kostprobe gefällig? „Mit dem Rücken zum Korb
nahm er an der Freiwurflinie einen Pass an. Mit beiden Händen feuerte er
den Ball über den Kopf, ein flacher Wurf, der keine Chance hatte, in den
Korb zu gehen. Sollte er auch nicht. Er wirbelte herum, hakte seinen
Verteidiger ein und fing den Ball in der Zone, nachdem er mit Wucht vom
Brett abgeprallt war.“ Alles klar?
Logisch: Es geht um Basketball. Die Eagles, ein College-Team aus Durham,
spielt gegen die große Duke University. Und ein Spieler aus dem Südsudan
wirft das Team, deren Uni-Mannschaft zu den ganz großen in der Geschichte
gehört, beinahe im Alleingang aus dem Wettbewerb um den nationalen Titel.
John Grisham hat sich diesen No-Look-Pass über das Brett zurück zum
Passgeber ausgedacht. Der Mann, der mit seinen Thrillern einen Bestseller
nach dem anderen landet und dabei so treffsicher ist wie Stephen Curry von
der Dreipunktelinie in der NBA, ist Basketballfan. Er sitzt, wann immer er
es einrichten kann, am Spielfeldrand, wenn die Cavaliers der Virginia
University ein Heimspiel haben.
Da hat bis vor Kurzem ein junger Mann aus Guinea für Aufsehen gesorgt.
[1][Vier Jahre hat Mamadi Diakite für Grishams Uni gespielt], bevor er
einen Vertrag in der NBA unterzeichnet hat. Niemand hat dem jungen Mann,
der sich via Facebook dem US-Highschool-Sportbetrieb selbst angepriesen
hat, viel zugetraut. 2019 gehörte er dann zu dem Team, das die
US-College-Meisterschaft gewonnen hat. Er soll immer so schön gelächelt
haben beim Spielen, hat Grisham in einem seiner Interviews zu seinem
Basketball-Roman „Das Talent“ gesagt. Dessen Held Samuel Sooleymon blickt
auch immer recht freundlich drein beim Spielen.
## Von Rebellen getötet
Der ist 17, als er mit einer Juniorenauswahl des Sudsudans zu einem Turnier
in die USA mitgenommen wird. Und so schwer all die Spielbeschreibungen zu
ertragen sind, mit denen Grisham seine Leser quält, so faszinierend und
fesselnd ist die Geschichte, die er seinem Protagonisten verpasst hat. Sie
führt in ein vom Bürgerkrieg geplagtes Land, in dem sein Vater von Rebellen
getötet wird. Sie spielt in einem Flüchtlingslager in Uganda, wohin sich
seine Mutter und zwei seiner Geschwister retten konnten.
Am Ende führt sie einen begabten Basketballer aus dem Elend an den Esstisch
einer braven US-Mittelstandsfamilie. Ein wahrhaft amerikanisches Märchen,
in dem der wackere Samuel, weil er so intensiv trainiert, von einem
mittelmäßigen Werfer zum besten Schützen der College-Geschichte wird. Sogar
nette Cops gibt es da. Die bringen Samuel, statt ihn zu erschießen, nachdem
er sich in der Stadt verlaufen hat, mit dem Streifenwagen zurück ins
Wohnheim.
Das war wohl selbst dem Autor zu viel des Guten und er lässt seinen Helden
sterben, bevor die NBA-Karriere, auf die ja alles zuläuft, beginnen kann.
Samuel wird tot in seinem Hotelzimmer gefunden. Jemand hatte ihm auf einer
Party Drogen zugesteckt. Auf ein kleines Happy End muss man dennoch nicht
verzichten. Professionelle Superfluchthelfer holen Samuels Familie aus
Uganda in die USA. Da ist die Thrillerschreibmaschine Grisham in ihrem
Element. Das liest sich ganz gut weg.
Und dann kommen wieder solche Sätze: „Drei Minuten vor Schluss erzwang Duke
einen Ballverlust, der zu einem leichten Korb führte und blockt dann einen
Wurf, was mit einem weiteren einfachen Treffer für sie endete.“ Ein
Sportroman eben.
7 Jan 2022
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