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Dortmund taz | Selten hat ein derart [1][großes Bundesligaspiel] so
ambivalente Gefühle hinterlassen. Nicht einmal die Münchner konnten sich
ungetrübt freuen nach ihrem 3:2-Sieg bei Borussia Dortmund. Als alle
geduscht hatten und die erste Aufregung überwunden war, waren schon noch
Reste übrig von der Begeisterung über ein phasenweise hinreißend schönes
Fußballfest „mit offenem Visier“, wie BVB-Trainer Marco Rose sagte.
„Ich würde gerne mehr über Fußball reden. Ich habe ein richtiges
Spitzenspiel gesehen, es ging hoch und runter, mit Chancen auf beiden
Seiten“, sagte Rose. Doch mehr noch als der mitreißende Sport bewegte die
Beteiligten auch eine Stunde nach dem Abpfiff noch die Arbeit des
Schiedsrichterteams um Felix Zwayer. Sogar Thomas Müller sagte über die
umstrittene Szene, die zu Robert Lewandowskis siegbringendem Elfmeter
geführt hatte: „Ich kann den Frust und den Ärger verstehen.“
Zwayer hatte ein Handspiel von Mats Hummels im Strafraum gesehen, war sich
über die Strafbarkeit dessen aber nicht sicher, kontaktierte den
Videoschiedsrichter und verhängte nach Sichtung der Bilder einen Strafstoß.
Die Dortmunder waren entsetzt, Erling Haaland sprach von einem „Skandal“,
und das Publikum bekam ein ungelöstes Grundproblem der Unparteiischen im
Umgang mit den Bildern vorgeführt.
## Kleine Bidausschnitte
Zwayer betrachtete in der Review-Area immer wieder einen kleinen Ausschnitt
der Situation. Zu sehen war, wie Hummels sich in die Flugbahn des Balls
hineinbewegt, der ihm dann auf den weit abgespreizten Arm fällt. Der
Videoassistent habe ihm gesagt, „dass Hummels den Arm in einer
unnatürlichen Haltung vom Körper weggestreckt hat und am Ende den Ball
deutlich mit dem Ellenbogen abwehrt“, berichtete Zwayer später.
Genau das schienen die Bilder zu bestätigen. Rose jedoch hatte die ganze
Situation vor Augen: „Das geht los mit der Hand von Thomas Müller auf Mats
Hummels, Mats versucht sich dadurch ein Stück weit zu schützen, was sehr
natürlich ist, kommt ins Straucheln, sieht den Ball gar nicht mehr, taucht
irgendwohin ab, und dann fällt ihm der Ball auf die Hand.“ Hätte Zwayer
einen längeren Ausschnitt der Szene gesehen, wäre die Entscheidung
vielleicht anders ausgefallen.
Mit der Behauptung, Hummels habe den Ball „deutlich mit dem Ellenbogen
abgewehrt“, erweckten die Schiedsrichter stattdessen den Eindruck, der
Verteidiger habe das mit Absicht gemacht, denn die Frage nach dem Vorsatz
soll ja im Zentrum der Abwägungen stehen. Verstärkt wurde die Dortmunder
Wut noch, weil die Schiedsrichter einen Zweikampf zwischen Lucas Hernandez
und Marco Reus, in dessen Folge sogar die Bayern einen Elfmeterpfiff für
richtig hielten, nicht überprüften.
Zwayer hatte „einen Kontakt im Oberkörperbereich“ gesehen, „da darf Kontakt
stattfinden“, sagte er. Also entschied er sich im Kontext seiner
großzügigen Spielleitung gegen einen Pfiff. „Das ist hart“, sagte Reus, als
er die Bilder sah und Nagelsmann erklärte: „Es gab schon Schiedsrichter,
die das gegeben hatten.“
Am Abend ging dann auch noch eine Aussage von Jude Bellingham beim
schwedischen Streamingdienst Viaplay viral: „Man gibt einem Schiedsrichter,
der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was
erwartest du?“ Am Sonntagmorgen war das kurze Video fast zwei Millionen Mal
abgerufen worden.
Bellingham spielte damit auf den [2][Manipulationsskandal aus dem Jahr
2004] an, als Zwayer zwar keine Spielmanipulation nachgewiesen wurde, aber
er hatte vor einer Partie zwischen Wuppertal und Werder Bremen II 300 Euro
angenommen, um als Linienrichter „kritische Situationen für den Wuppertaler
SV zu vermeiden“. So lautet die offizielle Formulierung in einem Urteil des
DFB-Sportgerichts. Auch darüber wurde nach Schlusspfiff mehr gesprochen als
über das bisweilen atemberaubende Spiel.
5 Dec 2021
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