# taz.de -- Experte für Pflichttests in Firmen: „Lockdown der Betriebe konsequent“

> Firmen und ihre ChefInnen sollten bei der Coronabekämpfung härter
> durchgreifen – fordert der Managementexperte Guido Möllering.
taz: Herr Professor Möllering, Sie wollen Unternehmen stärker in die
Pflicht gegen Corona nehmen. Wie?

Guido Möllering: Betriebe müssen jetzt an die Spitze der Pandemiebekämpfung
gehen. Sie können ihre logistischen, finanziellen und sozialen Ressourcen
noch viel mehr ausschöpfen – um zu überleben, um die Belegschaft zu
schützen und um gesellschaftliche Verantwortung zu beweisen.

Also notfalls auch durch Zero-Covid? 

Ja – zumindest als Anspruch auf Betriebsebene. Es gilt, jetzt keine einzige
Infektion mehr zu riskieren, bis die Belegschaft geimpft ist. Die
Definition, welche Arbeit unbedingt noch im persönlichen Kontakt erbracht
werden muss, sollte in den kommenden Wochen viel enger gefasst werden.

Bedeutet das nicht effektiv einen Lockdown der Betriebe? 

Ja, das wäre konsequent. Wenn ein harter Lockdown kommt, dann müssen auch
solche Betriebe einige Wochen geschlossen werden, in denen weder Homeoffice
noch kontaktloses Arbeiten für den Großteil der Belegschaft möglich ist.
Dort sollte man eine Art „Betriebsferien“ machen. Das ist verkraftbar,
zumal wenn die Geschäftspartner sich darauf einstellen und mitmachen.

Kann die Wirtschaft einen derartigen Lockdown überhaupt noch vermeiden? 

Indem man jetzt schon Kontakte vermeidet. Es soll ja nicht verboten werden
zu arbeiten, sondern verhindert werden, sich und andere zu infizieren. Es
muss eine Testpflicht in Unternehmen geben. Ohne Negativergebnis kein
Zugang zum Betriebsgelände. Aber die Testmöglichkeit oder auch ein
Hygienekonzept dürfen jetzt erstmal nicht dazu führen, dass man unnötig in
den Betrieb kommt.

Wie können Unternehmen helfen, wenn sie doch stark durch die Pandemie
belastet sind? 

Unsere Untersuchungen zum Führungskräfte-Radar haben gezeigt, dass die
Unternehmen es selbst so einschätzen, dass sie in der Pandemie ihrer
gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen. Aber das muss heute mehr
bedeuten als nur weiter Umsatz zu machen und Gehälter und Dividenden zu
zahlen. Jedes Unternehmen kann sich auch außerhalb des eigentlichen
Geschäfts bei der Pandemiebekämpfung engagieren.

Konkret? 

Es gibt viele Ansatzpunkte, vieles wird auch schon gemacht: Transport- und
Lagermöglichkeiten oder Räumlichkeiten bieten, IT-Unterstützung geben,
Personal für ehrenamtliche Aufgaben oder die Betreuung Angehöriger
freistellen, demnächst den Betriebsärztlichen Dienst gegen Corona nutzen,
ausbauen, öffnen. Das alles macht allerdings nur Sinn, wenn im Betrieb
selbst die Infektionsketten unterbrochen werden. Kurzfristige Zusatzkosten
oder sogar Schulden sollten Manager als Investition sehen, um dauerhafte
Kosten und Verluste zu vermeiden. Das Wichtigste aber wird sein, dass die
Unternehmen eine Kultur der Verantwortung leben.

Kultur der Verantwortung? 

Unternehmen und speziell ihre Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion.
Sie können der Belegschaft vermitteln, wie unverantwortlich es ist,
Infektionen zu riskieren. Mehr noch als beim normalen Arbeitsschutz zieht
Covid-19 weite Kreise. Da sind klare Erwartungen zu formulieren, statt
Vorbehalte der Belegschaft als Vorwand zu nehmen, nicht konsequent zu sein.
Kollegialer Druck kann helfen, wenn zugleich der kollegialen Entkopplung
durch Homeoffice oder Lockdown entgegengewirkt wird, die wir in unseren
Studien natürlich auch sehen. Ohne gelebte Solidarität und Einsicht bringen
Verbote und Verpflichtungen nichts. Die Devise muss lauten: Wenn die
Menschen sich nicht infizieren, überlebt auch das Unternehmen.

12 Apr 2021

## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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