|
Berlin taz | Während Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montagabend vor der
UNO in New York vom Klimaschutz schwärmte, hat in Deutschland die
[1][Debatte über ihr Klimapaket] Fahrt aufgenommen. Viele Stimmen aus der
Wissenschaft, den Umweltverbänden und der Politikberatung zeigten sich
enttäuscht über das „Klimaschutzprogramm 2030“, das am Freitag von der
Großen Koalition beschlossen wurde. Der Staatssekretär im
Umweltministerium, Jochen Flasbarth, verteidigte dagegen den Deal als
„wichtigen Schritt voran“.
Für Flasbarth ist der „Gesamtmechanismus geeignet, Deutschland auf einen
Kurs zur Erreichung der Klimaziele zu bringen“. Zwar sei der geplante
CO2-Preis niedrig, aber der Schwerpunkt liege bei Maßnahmen und
finanzieller Förderung. So viel wie die 54 Milliarden Euro, die in den
nächsten vier Jahren fließen sollen, „haben wir noch nie in die Hand
genommen“, sagte Flasbarth. Sehr wichtig sei außerdem, dass die
Reduktionsziele für jeden Sektor verbindlich im Klimaschutzgesetz verankert
werden sollen. Verpasse ein Ressort seine Vorgaben, müsse es
Sofortmaßnahmen vorlegen und beim Finanzminister für den dann fälligen Kauf
von CO2-Zertifikaten Geld beantragen.
Selbst die Kritiker sehen es als Fortschritt, dass ein CO2-Preis für alle
Sektoren eingeführt wird und dass die CO2-Budgets für jedes Ressort
festgelegt werden. Dann ist aber auch schon Schluss mit dem Lob. Als
„Armutszeugnis“ bezeichnete es der Umweltverband BUND. Von den „Scientists
for Future“ hieß es, die Maßnahmen seien „zu wenig, zu langsam, zu spät“.
Die Chefin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, erwartet vom
CO2-Preis „keinerlei Lenkungswirkung“. Ähnlich argumentiert auch Patrik
Graichen, Chef des Thinktanks „Agora Energiewende“: „Mit dem Klimapaket
schaffen wir höchstens ein Drittel der erforderlichen Einsparungen.“ Das
Abkommen „atmet den Geist: Die nächste Regierung soll die Maßnahmen
beschließen“. Graichen warnte, der Emissionshandel mit einem anfänglichen
Festpreis könne vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern.
Mit dem „[2][Klimaschutzprogramm 2030“] führt die Regierung zum ersten Mal
einen Zertifikatehandel auch für die Emissionen aus Verkehr und Gebäuden
ein. Ab 2021 sollen diese Lizenzen für Kohle, Öl und Gas zu Beginn 10 Euro
pro Tonne CO2 kosten und bis 2026 auf 35 Euro steigen. Jedes Ressort
bekommt jährliche CO2-Obergrenzen. Die Koalition will [3][Bahntickets
billiger] und Flugtickets teurer machen, das Bahnnetz ausbauen,
Elektroautos fördern, eine Million Ladesäulen bauen lassen, die
Gebäudesanierung unterstützen, Radwege, Busse und Bahnen subventionieren.
Ab 2026 dürfen keine neuen Ölheizungen mehr gebaut werden, bis 2030 soll 65
Prozent des Stroms öko sein. Der Strom soll etwas billiger werden, die
Pendlerpauschale soll erhöht werden.
24 Sep 2019
## LINKS
|