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Für Veganer ist es in Anbetracht der Dauerpräsenz von Tierleid im Alltag
und dessen gesellschaftlicher Akzeptanz nicht immer leicht, gelassen zu
bleiben. Meiner Erfahrung nach ist Diplomatie mit fleischessenden
Mitmenschen allerdings meist die bessere Taktik. Besonders im Familien- und
Freundeskreis. Nicht nur, um wichtige Beziehungen aufrechtzuerhalten,
sondern auch, um konstruktive Diskussion zu fördern.
Indem man das Klischee des Veganers erfüllt, der jeden Fleischesser in
Reichweite anschreit, tut man keinem einen Gefallen, weder der veganen
Causa noch sich selbst. Werde ich von Freunden zum Potluck Dinner
eingeladen, bei dem jeder eine Speise beisteuert, dann knarze ich sie nicht
konfrontativ mit „Ich koche aber vegan“ an. Lieber bringe ich ein
pflanzliches Gericht mit, das so lecker ist, dass ich am Ende des Abends
nach dem Rezept gefragt werde.
Bietet man mir etwas an, das Tierprodukte enthält, sage ich nie „Das kann
ich nicht essen“, sondern „Danke, aber davon möchte ich lieber nichts“.
Während Ersteres den Eindruck vermittelt, dass meine Ernährung
eingeschränkt und etepetete ist, lässt Zweites die Möglichkeit zum Gespräch
offen.
Und schlägt es mir mal auf den Magen, wenn meine Tante beim Familienessen
in ein vor Blut triefendes Steak schneidet, dann keife ich nicht: „Das ist
widerlich!“ Sondern besinne mich, dass ich auch mal eine fleischfressende
Tierliebhaberin war, selbst wenn das ein Paradoxon ist. Ich sage ihr dann
die Wahrheit. Dass ich sie nicht kränken will, mir aber inzwischen beim
Anblick von Fleisch manchmal unwohl wird. Und setze mich einfach kurz um.
Die Chance, dass wir beim Kaffee offen über Veganismus sprechen, ist weit
höher, als wenn ich meine Tante zuvor verbal filetiert hätte. Jemand, der
heute noch nicht offen ist für pflanzliche Ernährung, zieht sie vielleicht
in Zukunft in Betracht.
14 Apr 2016
## AUTOREN
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