Das Auseinanderruecken von Kult und Sittlichkeit, 
   mehr noch, die Abloesung der Sittlichkeit durch den Kult 
   machen aus dem ganzen Aufwand an Zeremonien eine einzige Farce. 
   Die Propheten haben dies immer wieder betont, und Christus selbst 
   laesst an dem absoluten Vorrang der Sittlichkeit keinen Zweifel, 
   allerdings muss betont werden, dass die Propheten 
   keineswegs Erfinder einer neuen Religionsform gewesen sind. 
   Sie begnuegen sich, die Folgerungen aus dem Wesen des Bundes zu ziehen, 
   dies allerdings mit einem aussergewoehnlich grossen Scharfblick: 
   der Kult steht im Dienst der Sittlichkeit, nicht umgekehrt. 
   Wenn Gott mit Israel einen Bund geschlossen hat, 
   so wollte er damit keinen Klub schaffen, dem jeder beitreten kann, 
   der einige Vorschriften erfuellt und den Beitrag zahlt. 
   Der Primat der Sittlichkeit vor dem Kult ist absolut 
   und besteht nicht nur in einem graduellen Unterschied. 
   Der Inhalt der Sittlichkeit wird in Micha 6,8 mit einer Praegnanz umrissen, 
   wie sie sonst selten anzutreffen ist. 
   Die Forderungen des Bundesgottes sind sittliche Forderungen. 
   Auch der grossartigste Kult kann von der Verpflichtung zu Liebe 
   und Gottesfurcht nicht befreien (Jean LHour).