19:1    Jesu Wirken in Judaea und in Jerusalem: 19,1 - 25,46
Der Weg nach Jerusalem: 19,1-20,34
Aufbruch nach Judaea: 19,1-2

Als Jesus diese Reden beendet hatte, verliess er Galilaea und zog in
das Gebiet von Judaea jenseits des Jordan.
[(1-2) Mk 10,1; Lk 9,51]

19:2    Viele Menschen folgten ihm dorthin, und er heilte sie.

19:3    Von Ehescheidung und Ehelosigkeit: 19,3-12

Da kamen Pharisaeer zu ihm, die ihm eine Falle stellen wollten, und
fragten: Darf man seine Frau aus jedem beliebigen Grund aus der Ehe
entlassen?
[(3-9) Mk 10,2-12
3.7f: Die Entlassung der Frau aus der Ehe war durch das Gesetz des
Mose erlaubt (vgl. Dtn 24,1); umstritten war lediglich, welche Gruende
dies rechtfertigten: nach der strengeren Auffassung des
Schriftgelehrten Schammai Ehebruch, ansteckende Krankheit,
Geisteskrankheit, Kinderlosigkeit; nach der Auffassung des
Schriftgelehrten Hillel, die zur Zeit Jesu vorherrschend war, alles,
was dem Mann an seiner Frau missfiel.]

19:4    Er antwortete: Habt ihr nicht gelesen, dass der Schoepfer die Menschen
am Anfang als Mann und Frau geschaffen hat
[Gen 1,27
Mit dem Hinweis auf den "Anfang" verweist Jesus auf die
Schoepfungsordnung Gottes (vgl. Gen 1,1 - 2,4a; 2,4b - 25).]

19:5    und dass er gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter
verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein
Fleisch sein?
[Gen 2,24]

19:6    Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden
hat, das darf der Mensch nicht trennen.

19:7    Da sagten sie zu ihm: Wozu hat dann Mose vorgeschrieben, dass man
(der Frau) eine Scheidungsurkunde geben muss, wenn man sich trennen
will?
[Dtn 24,1; Mt 5,31]

19:8    Er antwortete: Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch
erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das
nicht so.

19:9    Ich sage euch: Wer seine Frau entlaesst, obwohl kein Fall von Unzucht
vorliegt, und eine andere heiratet, der begeht Ehebruch.
[5,32; Lk 16,18; 1 Kor 7,10f
Die sog. Unzuchtsklausel, die vom radikalen Scheidungsverbot Jesu den
Fall der Unzucht ausnimmt, findet sich in der aelteren Ueberlieferung,
wie sie in Mk 10,2-12 und Lk 16,18 vorliegt, noch nicht.]

19:10   Da sagten die Juenger zu ihm: Wenn das die Stellung des Mannes in der
Ehe ist, dann ist es nicht gut zu heiraten.

19:11   Jesus sagte zu ihnen: Nicht alle koennen dieses Wort erfassen,
sondern nur die, denen es gegeben ist.

19:12   Denn es ist so: Manche sind von Geburt an zur Ehe unfaehig, manche
sind von den Menschen dazu gemacht, und manche haben sich selbst
dazu gemacht - um des Himmelreiches willen. Wer das erfassen kann,
der erfasse es.

19:13   Die Segnung der Kinder: 19,13-15

Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Haende auflegte und
fuer sie betete. Die Juenger aber wiesen die Leute schroff ab.
[(13-15) Mk 10,13-16; Lk 18,15-17]

19:14   Doch Jesus sagte: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht
daran! Denn Menschen wie ihnen gehoert das Himmelreich.
[18,3]

19:15   Dann legte er ihnen die Haende auf und zog weiter.

19:16   Von Reichtum und Nachfolge: 19,16-30

Es kam ein Mann zu Jesus und fragte: Meister, was muss ich Gutes tun,
um das ewige Leben zu gewinnen?
[(16-30) Mk 10,17-31; Lk 18,18-30]

19:17   Er antwortete: Was fragst du mich nach dem Guten? Nur einer ist "der
Gute". Wenn du aber das Leben erlangen willst, halte die Gebote!

19:18   Darauf fragte er ihn: Welche? Jesus antwortete: Du sollst nicht
toeten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du
sollst nicht falsch aussagen;
[Ex 20,12-16; Dtn 5,16-20]

19:19   ehre Vater und Mutter! Und: Du sollst deinen Naechsten lieben wie
dich selbst!
[Lev 19,18]

19:20   Der junge Mann erwiderte ihm: Alle diese Gebote habe ich befolgt.
Was fehlt mir jetzt noch?

19:21   Jesus antwortete ihm: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf
deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du einen
bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.
[6,20; 8,22]

19:22   Als der junge Mann das hoerte, ging er traurig weg; denn er hatte ein
grosses Vermoegen.

19:23   Da sagte Jesus zu seinen Juengern: Amen, das sage ich euch: Ein
Reicher wird nur schwer in das Himmelreich kommen.

19:24   Nochmals sage ich euch: Eher geht ein Kamel durch ein Nadeloehr, als
dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.

19:25   Als die Juenger das hoerten, erschraken sie sehr und sagten: Wer kann
dann noch gerettet werden?

19:26   Jesus sah sie an und sagte zu ihnen: Fuer Menschen ist das unmoeglich,
fuer Gott aber ist alles moeglich.
[Gen 18,14; Ijob 42,2; Lk 1,37]

19:27   Da antwortete Petrus: Du weisst, wir haben alles verlassen und sind
dir nachgefolgt. Was werden wir dafuer bekommen?

19:28   Jesus erwiderte ihnen: Amen, ich sage euch: Wenn die Welt neu
geschaffen wird und der Menschensohn sich auf den Thron der
Herrlichkeit setzt, werdet ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auf
zwoelf Thronen sitzen und die zwoelf Staemme Israels richten.
[25,31; Offb 3,21; Lk 22,30]

19:29   Und jeder, der um meines Namens willen Haeuser oder Brueder,
Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Aecker verlassen hat, wird
dafuer das Hundertfache erhalten und das ewige Leben gewinnen.
[das Hundertfache, nach einigen alten Textzeugen: ein Vielfaches; vgl.
Lk 18,30.]

19:30   Viele aber, die jetzt die Ersten sind, werden dann die Letzten sein,
und die Letzten werden die Ersten sein.
[20,16; Lk 13,30]