E-1    Die Buecher der Chronik

Die Chronik-Buecher tragen in der hebraeischen Bibel die
Ueberschrift "Ereignisse der Tage". Der Name "Chronik" stammt vom
Kirchenlehrer Hieronymus, der die Buecher als "Chronik der gesamten
goettlichen Geschichte" bezeichnete. Sie behandeln die Geschichte von
Adam bis zum Ende des Babylonischen Exils.

E-2    Der erste Teil (Kap. 1 - 9) besteht ueberwiegend aus Namenslisten,
die zumeist genealogisch geordnet sind, die Gliederung des Volkes in
Staemme beruecksichtigen, eingehender aber nur die koenigliche und die
priesterlich-levitische Linie auffuehren. Gelegentlich sind
geschichtliche Notizen eingestreut. Erst in 1 Chr 10 beginnt die
Darstellung der Geschichte Davids, die bis zum Ende des ersten Buches
reicht. Es folgt die Geschichte Salomos (2 Chr 1 - 9) und die
Geschichte Judas bis zum Untergang des Reichs (2 Chr 10 - 36). Die in 1
Chr 10 beginnende Geschichte umfasst den gleichen Zeitraum, der auch
in 2 Sam und in den Buechern der Koenige behandelt wird; groessere
Abschnitte sind von dort woertlich uebernommen.

E-3    Eine umfassende Darstellung der Ereignisse ist nicht angestrebt.
Im Mittelpunkt des Interesses stehen das von Gott auserwaehlte
Herrscherhaus David und das auf Gottes Weisung hin gestiftete
Heiligtum in Jerusalem. Auf die Geschichte des Nordreichs, das sich
von der Dynastie David losgeloest hatte, wird nur selten Bezug
genommen, und selbst in der Geschichte Davids bleibt unerwaehnt, was
nicht dem beabsichtigten Ziel dient, naemlich der Verherrlichung des
davidischen Koenigtums und des Kultes in Jerusalem. Ausfuehrlich werden
die Leistungen der einzelnen Koenige fuer den Bau und fuer die Erhaltung
des Tempels und ihre Sorge fuer den Gottesdienst beschrieben. Der
Bericht ueber den Bau des Tempels, der von David vorbereitet und von
Salomo ausgefuehrt wurde, zeigt durch seinen groesseren Umfang und seine
Stellung in der Mitte des Werkes die Bedeutung des Heiligtums im
Glauben Israels an.

E-4    Der Verfasser ist unbekannt. Aus der Vorliebe, mit der er von den
Tempelsaengern berichtet, hat man geschlossen, dass er aus ihrem Kreis
stammt. In 1 Chr 3,19-24 werden fuenf Generationen nach Serubbabel,
der seit 537 v. Chr. in Jerusalem taetig war, gezaehlt. Wenn der
Verfasser damit die Vertreter der davidischen Linie bis zu seiner
Zeit mitgeteilt hat, ergibt sich die Zeit um 400 v. Chr. als
Abfassungszeit der Buecher. Doch ist eine spaetere Abfassung nicht
auszuschliessen.

E-5    Die Zuverlaessigkeit des Chronisten wurde vielfach bestritten. Man
warf ihm vor, dass er die geschichtlichen Vorgaenge nach seinem
rigorosen Vergeltungsglauben einseitig darstelle und Verhaeltnisse der
spaeteren Zeit in fruehere Jahre verlege. Diese Fragen beduerfen in
jedem einzelnen Fall einer besonderen Pruefung. Groessere Abschnitte der
Chronik sind jedenfalls geschichtlich zuverlaessigen Berichten der
Koenigsbuecher entnommen; an der Geschichtlichkeit zahlreicher
Mitteilungen, die der Verfasser anderen Quellen entnimmt, zu
zweifeln, besteht kein Grund. Man muss die Arbeitsweise des Verfassers
beruecksichtigen: Er war von der mosaischen Herkunft der
gottesdienstlichen Vorschriften des Pentateuch und ihrer dauernden
Geltung ueberzeugt und hielt es daher fuer angebracht, mit Urkunden und
Ordnungen einer spaeteren Zeit Vorgaenge und Verhaeltnisse frueherer
Zeiten zu beschreiben. Daher sind die Buecher der Chronik vor allem
fuer das Verstaendnis der Zeit des Verfassers bedeutsam. Er selbst will
in erster Linie der religioesen Belehrung seiner Zeitgenossen dienen.