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# Über Asiaticus: Adolphi 2007: Asiaticus, China 1937 (Teil 2)

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UTOPIE kreativ, Berlin, Heft 200 (Juni 2007), S. 513–527.


## Shippe – Grczyb – Asiaticus

Was Botschafter Trautmann »nie gedacht« hätte, ist für M. G. Shippe als intimen Kenner der chinesischen Verhältnisse eine Selbstverständlichkeit. Seit mehr als einem Jahrzehnt schon hat sich dieser »aus Deutschland emigrierte Journalist« aufs Gründlichste mit den Vorgängen in China befaßt und darüber in einer von kaum einem sonst erreichten Breite und Gründlichkeit geschrieben.

Seine Identität freilich ist nicht nur für die deutsche Botschaft ein Geheimnis. Auch sonst dürfte nur wenigen Eingeweihten bekannt sein, daß Shippe in Deutschland unter dem Pseudonym »Asiaticus« publiziert, und diejenigen in Deutschland und später im antifaschistischen Exil, die die Texte des Asiaticus drucken, haben wohl kaum eine Ahnung, daß er in China als »M. G. Shippe« schreibt. Jedenfalls erinnert sich Hermann Budzislawski, der von 1934 bis 1939 die im Exil in Prag und nach der Annexion der Tschechoslowakei im März 1939 noch für kurze Zeit in Paris herausgegebene Neuen Weltbühne leitete, Jahrzehnte später zwar eines bürgerlichen Namens des Asiaticus – »Der Mann hieß Grczyb« –, aber viel mehr kann er nicht zur Identifizierung beitragen. »Ich habe ihn nie gesehen«, sagt er, »man konnte ihm auch nicht schreiben, die Absendernamen waren fingiert, aber wenn er etwas hatte, schickte er es. – Und das Honorar? – Er teilte nur mit, an wen es gehen sollte. Ich glaube, er wohnte irge
ndwo bei Schanghai, aber das weiß ich nicht genau.«

Ein genaueres Bild des Asiaticus muß man sich aus unterschiedlichsten Quellen zusammenklauben, ohne daß das Geheimnisvolle, Ungeklärte gänzlich auszuräumen wäre. Genia und Günter Nobel, von 1939 bis 1947 zur deutsch-jüdischen Emigration in Shanghai gehörend, schildern ihn 1979 als Journalisten und »im Auftrag der Komintern« tätigen Parteiarbeiter zugleich. Ihm – so berichten sie –, »einem hochqualifizierten Genossen« und »hervorragenden Kenner des Fernen Ostens und Chinas« mit Namen Heinz Grzyb (in dieser Schreibweise), sei die Bildungsarbeit in der illegalen Parteigruppe der KPD zu verdanken gewesen. »Unter dem Namen Erich Möller«, [S. 517] so erinnern sie sich weiter, sei er »als Korrespondent der ›Roten Fahne‹ bekanntgeworden«, und er habe »auch legal als Journalist unter dem Pseudonym ›Asiaticus‹ für angesehene bürgerliche Zeitschriften« gearbeitet.

Von Walter Czollek, der in der gleichen illegalen Parteigruppe arbeitete, werden 1979 durch einen weiteren Mitstreiter, Alfred Dreifuß, folgende Aufzeichnungen über seine Ankunft in Shanghai im Juni 1939 an die Öffentlichkeit gebracht: »Durch Dreifuß baldige Verbindung zu Richard Paulick, der so etwas wie einen ›politischen Salon‹ führte. Dort Bekanntschaft mit dem bereits eingesessenen Schanghaier Heinz Grczyb, alias Erich Möller, alias Asiaticus. Alter deutscher Genosse, der Bremer Linken entstammend, ausgeschlossen von der Komintern als Brandleranhänger. Rehabilitiert durch Dimitroff 1941. Publizistisch für chinesische Partei tätig, in fortschrittlichen amerikanischen Zeitungen Interpret der fernöstlichen Sowjetpolitik.«

Hier schließt sich der Kreis zum Shippe-Artikel über die Nazi-Nippon-Allianz, denn Dreifuß fügt zum von Czollek benutzten Begriff der »fortschrittlichen amerikanischen Zeitungen« erläuternd hinzu: »Hier ist zu nennen die ›China Weekly Review‹, deren Chefredakteur der Amerikaner Powell war.«

Genaueres zum Leben des Shippe-Grczyb-Asiaticus wird seit Ende der 1970er Jahre in der VR China publiziert. Helga Scherner, eine Chinawissenschaftlerin aus der DDR, macht Wesentliches davon 1986 der deutschsprachigen Leserschaft zugänglich. Im gleichen Jahr 1986 erscheint in China ein Buch mit dem Titel »Xibo wenji« – Schriften von Grczyb (oder eben auch: Shippe). Nun gibt es Geburtsdatum und Geburtsort: den 13. Juni 1897 im seinerzeit zu Österreich-Ungarn gehörenden, früher und später polnischen Kraków; es gibt auch ein genaues Sterbedatum: Shippe-Grczyb-Asiaticus kommt am 30. November 1941 bei einem Gefecht zwischen chinesischen Partisanen, denen er sich kämpfend angeschlossen hat, und japanischen Truppen ums Leben; aber Etliches bleibt – vornehmlich, was die Jahre bis 1925 betrifft – unklar. 1918, heißt es in den »Xibo wenji«, soll er nach Deutschland gekommen und dann in der revolutionären Arbeiterbewegung in Leipzig und Dresden tätig gewesen sein. 1989 berichtet bei einem Symposium i
n Berlin (West) der chinesische Historiker Zhu Maoduo, daß Hans (!) Shippe nach Absolvierung der Universität »bei der Behörde für Medizin und Hygiene in Deutschland« gearbeitet habe. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges sei er dann »als Journalist tätig« gewesen und habe »unter dem Pseudonym Heinz Möller« Artikel geschrieben, »die in der deutschen, englischen und US-amerikanischen Presse veröffentlicht wurden.«

## Die Klarsicht des Kommunisten und Chinakenners

Aber keinen Zweifel gibt es darüber, daß Grczyb 1925 bis 1927 in China tätig gewesen ist, und 1928 wird sein Pseudonym »Asiaticus« den China-Interessierten im deutschsprachigen Raum zum Begriff. In jenem Jahr erscheint unter diesem Namen sein Buch mit dem Titel »Von Kanton bis Schanghai 1926–1927«. Auf 350 Seiten sind dort Texte zusammengefaßt, die der Autor in China geschrieben und veröffentlicht hat. Das Buch ist eine Gesamtschau auf die chinesische [S. 518] Entwicklung mit Kapiteln wie »Der eigenartige Charakter der nationalen Revolution in China«, »Die Ausbeutung durch den internationalen Imperialismus«, »Die Bedeutung der diplomatischen Anerkennung der Nationalregierung«, »Das revolutionäre China zur Genfer Abrüstungskomödie«, »Die territorialen Konzessionen der imperialistischen Staaten in China«, »Das Agrarproblem in der chinesischen Revolution«, »Der Generalstreik in Schanghai und seine Lehre«, »Eine Analyse des Kampfes der Bauernbewegung in den Landbezirken von Hunan«, 
»Zur Parteidiskussion in der Kuomintang«, »Wohin treibt Japan?«, »Die russische Revolution und der chinesische Befreiungskampf«.

Über seine Tätigkeit in China gibt Asiaticus im Vorwort wie folgt Auskunft: »In dem Zeitabschnitt von Dezember 1926 bis Mai 1927 stand der Verfasser im Dienste des Zentralkomitees der Kuomintang bzw. ihrer Politischen Abteilung im Hauptquartier der National-revolutionären Armee. In ihrem Auftrage arbeitete er gemeinsam mit dem Genossen Friedrich Lienhard, dem Delegierten der Internationalen Arbeiterhilfe für China, als Redakteur der ›Chinesischen Korrespondenz‹, die als ›Organ der Politischen Abteilung des Hauptquartiers der Nationalrevolutionären Armee‹ gegründet und nach der Eroberung von Schanghai als ›Wochenorgan des Zentral-Exekutiv-Komitees der Kuomintang‹ fortgeführt wurde. Die meisten der hier veröffentlichten Artikel wurden vom Verfasser aufgrund von Aufträgen und Vereinbarungen mit dem Chef der Propaganda-Abteilung der Kuomintang wie auch mit den leitenden Vertretern der einzelnen Ministerien der National-Regierung geschrieben. In solcher Funktion war es Aufgabe und Pflicht de
s Verfassers, die offizielle Meinung der revolutionären Führung der chinesischen und ausländischen Öffentlichkeit gegenüber zu vertreten. Diese Meinung entsprach nicht immer der des Verfassers, konnte aber von ihm solange vertreten werden, solange die Führung der Kuomintang der Entwicklung der revolutionären Kräfte der Arbeiter, Bauern und kleinbürgerlichen Armut und der Entfaltung ihrer Kampftätigkeit gedient hat, und solange der Verfasser in den offiziellen Organen der Kuomintang von ihm gezeichnete Artikel veröffentlichen durfte, die seine persönliche politische Anschauung bereits eindeutig aufzeigen ließ.«

Die Kuomintang (in der heute gebräuchlichen Pinyin-Umschrift: Guomindang) in dieser Zeit: Das ist die von Sun Yatsen gegründete Partei, ist die Partei der Revolution von 1925–1927, in der es Zusammenarbeit auch mit den Kommunisten gibt. Im April 1927 aber ändert sie ihren Charakter: Tschiang Kai-schek (in Pinyin: Jiang Jieshi) läßt während des Nordfeldzuges, den er mit dem Ziel der Einigung des vielfach gespaltenen Landes gegen die mit den ausländischen Mächten – vor allem Großbritannien und Japan – paktierenden Militärmachthaber führt, in Shanghai die von linken Gewerkschaftern und Kommunisten angeführte Streikbewegung zusammenschießen.

Das ist das Ende der Zusammenarbeit mit den Kommunisten, und es ist für Asiaticus letzter Anstoß für den Bruch mit der Guomindang. Er teilt den »Vertretern des Zentral-Exekutiv-Komitees der Kuomintang« mit, daß er »nicht mehr in der Lage sei, ihre Ansichten mit seiner persönlichen Überzeugung zu vereinbaren«. Seine [S. 519] Überzeugungen freilich festigen sich. »Die chinesische Revolution«, schreibt er, »lebt und kämpft, und der Sieg der Hunderte von Millionen der städtischen und ländlichen Armut in China ist trotz der zeitlichen Rückschläge historisch unabwendbar. Die chinesische Revolution bildet schon jetzt eines der heldenmütigsten und erfahrungsreichsten Kapitel des Kampfes der Unterdrückten und Ausgebeuteten der ganzen Welt. Sie ist neben der russischen Revolution das größte und bedeutendste revolutionäre Ereignis der gegenwärtigen Geschichte.«

Nach vier Jahren in Deutschland, über die nähere Angaben fehlen, geht Grczyb im Herbst 1932 erneut nach Shanghai, um sich – wie Zhu Maoduo es ausdrückt – »eingehend mit der neuen Lage in China und Fernost zu befassen«. Er tritt – so Zhu Maoduo weiter – der »Amerikanischen Gesellschaft für den Pazifik« bei, wird bei der von dieser Gesellschaft herausgegebenen Zeitschrift Pacific Affairs angestellt und veröffentlicht »unter dem Pseudonym ›Asiaticus‹ (…) in dieser Zeitschrift, im englischen Manchester Guardian Weekly und einigen Zeitschriften in Shanghai viele Meldungen und Essays über chinesische und asiatische Probleme.«

Aus solchem Holz ist der Mann geschnitzt, der Botschafter Trautmann und Chefberater v. Falkenhausen im Frühjahr 1937 so viele Sorgen bereitet. Hätten sie Kenntnis von der Identität ihres Shippe mit Asiaticus gehabt – und dazu freilich die in ihren Kreisen geradezu abenteuerliche Fähigkeit, Gesellschaftsanalyse aus der Feder eines Kommunisten ernst zu nehmen –, hätten sie nicht überrascht sein dürfen. Denn mit fast schon beängstigender Klarheit sieht Asiaticus schon zu Beginn der 1930er Jahre die spätere Weltkriegskonstellation voraus, und zwar immer durch klare Fakten und überzeugende Beschreibung der Zusammenhänge gestützt. »Die japanische Politik in China«, schreibt er im Oktober 1930 in der Weltbühne, verfolgt seit Jahrzehnten das Ziel, die Spaltung in Nord und Süd zu verewigen und jede Zentralisierung zu verhindern. Das ist notwendig zur Sicherung der Penetration der Mandschurei (zu der es im September 1931 kommen wird – W. A.); aber auch zur Förderung der weitergehenden Pläne in 
Nordchina, vor allem in Schantung (Shandong) und Schansi (Shanxi), und schließlich zur Durchkreuzung der amerikanischen Finanzexpansion in einem vereinheitlichten China.« Im Mai 1932 liefert er – wiederum in der Weltbühne – eine brillante Analyse der innenpolitischen Auseinandersetzungen in Japan. Die neue Generalität, schreibt er, macht aus ihren Zielen kein Hehl: »Vollendung der Okkupation der Mandschurei, Sicherung der japanischen Interessen in der Mongolei und Verdrängung des Bolschewismus von jedem Stützpunkt im Fernen Osten.« Und er schließt: »Diese militärischen Führer sind (…) jetzt die Herren der japanischen Außenpolitik. Ihre Außenpolitik heißt kurz und bündig: Krieg!«

Als die Weltbühne von den Nazis verboten wird und – ohne ihren ins KZ geworfenen Chefredakteur Carl von Ossietzky und auch ohne dessen engsten Mitarbeiter Kurt Tucholsky, der nach Schweden emigriert ist – sich im Exil als Neue Weltbühne zu einem wichtigen Kommunikationsträger der deutschen antifaschistischen Emigration entwickelt, bleibt Asiaticus in dieser Zeitschrift die wichtigste, kenntnisreichste Stimme aus Fernost. m April 1933 beschreibt er den Austritt Japans aus dem Völkerbund als einen »Akt schwärzesten Undanks«, denn schließlich habe der Völkerbund das Land an [S. 520] seinem Eroberungsfeldzug gegen China nicht gehindert, sondern ihm freie Hand gelassen. Nichts, so notiert er mit bitterem Spott, habe den Völkerbund davon zu überzeugen vermocht, daß Japan tatsächlich Krieg gegen China führe: weder »die Eroberung der Mandschurei und ihre Losreißung von China« noch »die monatelangen Kämpfe in Schanghai (Shanghai)« oder »der Überfall auf Schanhaikwan (Shanhaiguan) und der Fel
dzug gegen Jehol«. Keinerlei Hilfe habe der Völkerbund dem bedrängten China geleistet, woraus sich nur der Schluß ziehen lasse: »China ist kein Land, sondern eine Interessenzone.« Und: »Eine Verständigung mit Japan ist schon manches Opfer wert, vor allem dann, wenn es auf Kosten Chinas und, wie sie (gemeint sind die Kolonialmächte England und Frankreich – W. A.) erwarten, auch der Sowjetunion geht.« Und während 1935, nach mehreren Feldzügen Tschiang Kai-scheks gegen sie, kaum noch jemand glaubt, daß die Kommunisten in China noch einmal eine einflußreiche Rolle spielen könnten – weshalb ja auch Trautmann 1937 ihr politisches Gewicht ignorieren zu können vermeint –, erkennt Asiaticus, daß der später als »Langer Marsch« berühmt werdende Ausbruch der von der KPCh geführten Truppen aus der Umklammerung Tschiang Kai-scheks der kommunistischen Bewegung neue Kraft verleiht. »Registrieren wir ein denkwürdiges Ereignis«, schreibt er. »Monatelang hatte hier die imperialistische und die c
hinesisch-reaktionäre Presse die ›endgültige Vernichtung‹ der Roten Armee avisiert. Die Niederlage sollte unmittelbar bevorstehen, täglich lasen wir von der Umzingelung der roten Truppen, vom Massentod der roten Soldaten und ihrer Führer, von den Siegen Tschiangkaischeks.« Aber: »Es ist geglückt, das Ziel eines sechs Monate währenden Marsches (des ersten Teils des ›Langen Marsches‹, der fast genau ein Jahr – von Oktober 1934 bis Oktober 1935 – dauerte – W. A.) zu erreichen und die Truppen von Kiangsi (Jiangxi) über den Norden der Provinzen Kwangtung (Guangdong) und Kwangsi (Guangxi) quer durch Hunan (Hunan), Kweichow (Guizhou) und Junnan (Yunnan) zu führen. Es ist geglückt – obwohl mehr als eine Million Mann, Truppen der Zentralregierung und der Provinzen, einen Kordon rings um Kiangsi (Jiangxi) gelegt hatten; obwohl Tschiangkaischek sein Hauptquartier verlegte, alle verfügbaren Truppen und die ganze Luftflotte zusammenzog, alles aufbot, um den roten Soldaten den Weg über den Jan
gtse (Yangzi) zu versperren. Die Leistung ist gigantisch.«

Sind solche Berichte heute noch wichtig? Für den, der China verstehen will, ganz gewiß. Denn die Revolution von 1949 hätte nicht erfolgreich sein können, wenn Urteile des Asiaticus wie die folgenden nicht zugetroffen hätten: »Die Mannschaften (der von der KPCh geführten Truppen – W. A.) stammen aus dem innersten Kern des chinesischen Volkes«. Oder: »Aber die armen Bauern spielten nicht mit. Sie unterstützten die roten Truppen, sie schlossen sich ihnen als Partisanen an.« Und auch dies: »Die revolutionären Gruppen siegen eben nicht mit Bomben, sondern mit der Unterstützung der werktätigen Bevölkerung. (…) In diesem Augenblick werden die Fundamente für den grossen, epochemachenden Neubau Chinas gelegt.«

n den folgenden Monaten berichtet Asiaticus wieder vor allem über die japanische Vorgehensweise in China. Im Juli 1935 analysiert [S. 521] er die Abtrennung weiterer nördlicher Provinzen durch die japanischen Truppen. »Der Sinn dieses japanischen Angriffs? Die Provinz Hopei (Hebei) mit dreissig Millionen Einwohnern, die nördlich und nordwestlich von ihr gelegenen Provinzen Shantung (Shandong) und Shansi (Shanxi) sowie die innermongolischen Gebiete Chahar und Suiyuan, mit dem Gelben Fluß als der südlichen Demarkationslinie, werden in ein neues ›Mandschukuo‹ (Manzhouguo) verwandelt. (…) für den japanischen Überfall auf die Sowjetunion ist die völlige Beherrschung der hier gelegenen Bahnlinien, Heerstraßen und Luftlinien erforderlich. Deshalb leitet diese Aktion die völlige Abtrennung dieses Gebiets von China und seine Einordnung in den Bereich des japanischen Armeekommandos ein.« Und zwei weitere Themen sind ihm seit 1931 wichtig und werden auch jetzt wieder behandelt. Das eine Thema sind die
jenigen chinesischen Generäle, die mit den japanischen Aggressoren gemeinsame Sache machen. »Sie werden benutzt,« schreibt er, »solange sie gebraucht werden, wie Tschangtsolin (Zhang Zuolin), der in Japans Diensten das Land brandschatzte und schließlich von einer japanischen Höllenmaschine (bei einem Attentat – W. A.) aus dem Weg geräumt wurde. Von diesen Generälen erwarten die Millionen der chinesischen Jugend, der Arbeiter und Bauern, nichts.« Und das andere ist die Politik der alten Kolonialmächte, insbesondere Großbritanniens. »Der britische Imperialismus, der in seiner Chinapolitik auf einen Krieg Japans mit der Sowjetunion spekuliert, spürt aber jetzt schon, wie die Axt auch an die Wurzeln der britischen Positionen in China gelegt wird. (…) Wie lange noch«, so fragt er, »wird der Köder des Antisowjetkrieges dem britischen Imperialismus über seine aktuellen Sorgen und Schmerzen in China und in Asien hinweghelfen?«

Mit dem Verhältnis zwischen England und Japan befaßt sich Asiaticus im Juli 1935 auch in einem Artikel, der in der im Pariser Exil herausgegebenen Monatszeitschrift Unsere Zeit erscheint – was für die vielfältigen Verbindungen spricht, die Grczyb-Asiaticus in die Presse der deutschen Emigration hat. Daran erinnernd, daß England den Japanern schon 1918 bei einer Besetzung Ostsibiriens Unterstützung zugesagt hatte, um im Gegenzug seine privilegierte Stellung in China nicht zu verlieren, stellt er zur aktuellen Lage fest: »Je mehr der japanische Imperialismus nach dem Süden drängt (also in die Einflußsphäre Großbritanniens – W. A.), desto stärker klammert sich England an seinen Ablenkungsplan durch einen Krieg (Japans – W. A) gegen die Sowjetunion.« In einem weiteren Abschnitt analysiert er die wirtschaftliche Zusammenarbeit Englands mit Japan im von Japan geschaffenen Marionettenstaat Mandschukuo (Manzhouguo).

Im April 1936 warnt Asiaticus – nun wieder in der Neuen Weltbühne – vor einem japanischen Angriff auf die Mongolische Volksrepublik als »unmittelbares Vorspiel zum Überfall auf die Sowjetunion«, und im Oktober 1936 ahnt er den Xi’an-Zwischenfall, der Tschiang Kai-schek so sehr in Bedrängnis bringen wird, geradezu voraus. »Der japanische Generalstab stellt«, schreibt er zunächst, »die Frage ganz eindeutig: entweder werden die Beziehungen zwischen Japan und China um sehr vieles besser, oder um sehr vieles schlechter. Um sie sehr viel besser zu gestalten, verlangt er erstens Auflösung der japanfeindlichen Organisationen und Verbot der [S. 522] anti-japanischen Propaganda in Wort, Schrift und Bild, das heißt Unterdrückung jeder patriotischen Bewegung zur Verteidigung der Existenz Chinas; zweitens Entlassung aller antijapanischen Beamten und Einstellung von japanischen Ratgebern in allen wichtigen Ämtern (…), drittens Freiheit für die japanische Luftfahrt in China, das heißt zu der bereits 
bestehenden Freiheit der japanischen Kriegsflotte in den chinesischen See- und Binnengewässern (…), viertens völlige Autonomie für Nordchina, das heißt Zustimmung zur weiteren Zerstückelung Chinas, und fünftens Redauktion der Zölle, das heißt Auslieferung des chinesischen Marktes an Japan.« Und schlußfolgert dann: »Es gibt keine chinesische Regierung, die diese Forderungen akzeptieren könnte, ohne von der überwältigenden Mehrheit des chinesischen Volkes davongejagt zu werden.«

Das ist es, warum die Generäle Zhang Xueliang und Yang Hucheng ihrem »Generalissimus« Tschiang Kai-schek die Gefolgschaft verweigern und sich Tschiang schließlich auf die Zusammenarbeit mit den Kommunisten einlassen muß – im Dezember 1936 und erst recht im Sommer 1937, nachdem am 7. Juli 1937 mit dem sogenannten Lugouqiao-Zwischenfall die umfassende Aggression Japans gegen China beginnt.

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