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# Asiaticus – eine Unperson? (Teil 1)

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erschienen im Bochumer Jahrbuch zur Ostasienforschung, Bd. 25, 2001, S. 243–256.

Dieser Aufsatz ist die bis heute wohl ausführlichste Darstellung zu jenem österreichisch-deutsch-jüdischen Kommunisten, der sich Asiaticus nannte und in den 1920er und 1930er Jahren mit seinen Berichten aus China einen einzigartigen Beitrag zum Chinabild im antifaschistischen Widerstandskampf leistete.

Für alle, die sich mit der Geschichte der chinesischen Revolution in den 1920er und 1930er Jahren und mit den Verbindungen zwischen dieser Revolution und der kommunistischen Bewegung in Deutschland befassen, bietet die Biografie des Asiaticus – wie Helga Scherners mit einem reichen Quellenverzeichnis versehener Aufsatz beweist – eine Fülle von wichtigen und oft auch überraschenden Informationen und Einsichten.

## 1. Geheimnisse um den Namen und die frühen politischen Aktivitäten

Die erste der interessanten Einsichten betrifft noch nicht das Leben des Asiaticus selbst, sondern das Geheimnis um seine Person, das erst am Ende der 1970er Jahre – und zwar ziemlich gleichzeitig in China und in der DDR – gelüftet wurde. Scherner schildert zunächst, wie sie 1951 beim Beginn ihrer Befassung mit der modernen chinesischen Geschichte in Leipzig auf das Asiaticus-Buch Von Kanton nach Schanghai stieß,

[Asiaticus: Von Kanton nach Schanghai, Wien/Berlin 1928]

aber ihr niemand irgendwelche Informationen zum Autor liefern konnte. Dann fand sie Anfang der 1980er Jahre in einer chinesischen Zeitschrift einen Aufsatz in chinesischen Schriftzeichen über einen Menschen namens Hansi Xibo (gesprochen Chan-ss [ch wie in ach] Chi-bo [ch wie in ich]) – »einen deutschen Revolutionär, der im Kampf gegen Japan gefallen war«.

[Yige wei kangri rikou xueran Yimengde deguo gongchandangyuan – Hansi Xibo, in: Geming wenwu, Beijing 1979, Heft 4, S. 38–41]

Aber wie sollte von diesem Hansi Xibo auf Asiaticus zu kommen sein? Erst bei einer Begegnung Scherners mit Genia Nobel – einer jüdischen Kommunistin, der es 1939 gelungen war, auf der Flucht vor der faschistischen Herrschaft in Deutschland nach Shanghai ins Exil zu gehen, und die sich bei der Rückkehr aus diesem Exil für die DDR entschieden hatte – klärten sich die Dinge. Nobel erkannte auf einem Foto, das dem chinesischen Artikel beigefügt war, ihren Shanghaier Genossen Heinz Grzyb. Nun konnte der chinesische Aufsatztitel zuverlässig ins Deutsche übersetzt werden:

[Ein Mitglied der KPD, das im Kampf gegen die japanischen Banditen den Yimeng mit seinem Blut tränkte – Heinz Grzyb]

Und weil Genia Nobel gemeinsam mit ihrem Mann Günter Nobel just ebenfalls im Jahre 1979 ihre Erinnerungen an ihre Shanghai-Jahre publiziert hatte, konnte es auch keinen Zweifel mehr geben, daß – wie die Nobels berichteten – Heinz Grzyb alias Asiaticus nicht nur als Journalist tätig gewesen war, sondern auch in der kleinen Gruppe von Kommunistinnen und Kommunisten in der insgesamt um die 20.000 Jüdinnen und Juden zählenden Shanghai-Emigration eine wichtige Rolle gespielt hatte.

[Günter Nobel, Genia Nobel: Als politische Emigranten in Shanghai, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Berlin (DDR) 1979, Heft 6, S. 882–894]

Ebenfalls 1979 erschien in der DDR – und zwar ziemlich versteckt, weil die DDR-Führung in ihrer Publikationspolitik außenpolitischen Erwägungen großes Gewicht beimaß und es ihr angesichts der noch ganz unklaren Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der DDR und der VR China nicht geraten schien, mit Veröffentlichungen zur jüngeren Geschichte irgendwelche Verwicklungen zu provozieren – ein weiterer Bericht über das jüdische Exil in Shanghai. Er stammte aus der Feder des Theatermannes Alfred Dreifuß, trug den Titel »Schanghai – Eine Emigration am Rande« und war, ohne daß es auf dem Buchumschlag erkennbar war, in dem Buch »Exil in den USA«, das wiederum den Band 3 der Reihe »Kunst und Literatur im antifaschistischen Exil 1933–1945« bildete, untergebracht. Auch dort fand Heinz Grzyb alias Asiaticus eine ausdrückliche Würdigung.

[Alfred Dreifuß: Schanghai – Eine Emigration am Rande, in: Exil in den USA, Leipzig 1979, S. 447–555]

Zur Namens- und auch Geburtstagsfrage bietet Scherner in ihrem Aufsatz auf der Grundlage von Archivmaterialien die folgende Darstellung: Asiaticus wurde am 11.7.1896 in Tarnow im damals österreichischen Galizien unter dem Namen Mojzes Grzyb als Sohn des Kaufmanns und Unternehmers Izak Grzyb und der Mindel Wiesenfeld geboren, gab aber 1923 auf einem Fragebogen der Kommunistischen Internationale (Komintern) den 13.6.1897 als Geburtsdatum an, und dieses Datum ist auch neben seinem Sterbedatum 30.11.1941 auf dem Grabstein auf dem Friedhof in Ji’nan angegeben. So rätselhaft wie die Angaben zum Geburtsdatum sind auch die zum frühen politischen Wirken des Mojzes Grzyb geblieben. Er selbst teilte Scherner zufolge im erwähnten Komintern-Fragebogen mit, »seit 1913« im »PCSD« tätig gewesen zu sein. Diese Organisation sei aber – so wiederum Scherner – wohl nicht identisch mit dem 1897 gegründeten »Bund« (Allgemeiner Jüdischer Arbeiterbund in Litauen, Polen und Rußland), den Theodor Bergmann in seinen
 Forschungen zur Geschichte der Kommunistischen Partei-Opposition (KP-O) als ursprüngliche politische Heimat von Grzyb benennt.

[Theodor Bergmann: Gegen den Strom: Die Geschichte der Kommunistischen Partei – Opposition, Hamburg 1987, S. 405]

Seit 1913 jedenfalls ist – so Scherner – ein politisches Engagement Grzybs »in der Jugend- und Studentenarbeit« nachweisbar.

Nach drei Jahren Dienst in der österreichischen Armee müsse Grzyb dann – so Scherner weiter – »spätestens unmittelbar nach Kriegsende« [1918] »nach Deutschland gelangt sein« und sich dort »Heinz Möller« genannt haben. Dabei sei nicht auszuschließen, daß er den Namen »Möller« schon nach Verheiratung seiner Mutter erhalten habe; vielleicht habe er ihn aber auch erst bei seiner Übersiedlung nach Deutschland als »Parteinamen« angenommen. Jedenfalls halte sie – Scherner – es angesichts weiterer Hinweise

[Protokoll des Gründungsparteitages der KPD 1918, Berlin (DDR) 1985, S. 223-235; Hermann Weber: Die Gründung der KPD, Protokoll und Materialien, Berlin 1993, S. 227 und 237f.]

»für so gut wie erwiesen«, daß er unter diesem Namen »Möller« am Gründungskongreß der KPD am Jahreswechsel 1918/19 teilgenommen hat, und mit »Heinz Möller« habe er in den 1920er und 1930er Jahren seine politischen Artikel über deutsche Probleme gezeichnet. Den Namen »Asiaticus« habe er dann verwendet, als er 1925 über Indien nach China gegangen sei und von dort über die Revolution 1925-27 berichtete. Bei seinem zweiten Chinaaufenthalt ab 1932 sei er dann dort als »Heinz Grzyb« oder chinesisch »Xi Bo« bekannt gewesen, publiziert habe er wieder unter dem Namen »Asiaticus« und in englischsprachigen Zeitungen und Zeitschriften als »M. G. Shippe«.

Das Rätsel um Identitäten wirft ein Licht auf die Bedingungen des revolutionären Kampfes. Da im Protokoll des KPD-Gründungsparteitages nur »Möller« ohne Vornamen verzeichnet ist, könne dies – so Scherner weiter – auch der Arbeiterdichter Werner Möller gewesen sein, der am 5. Januar 1919 von Reichswehrtruppen erschossen worden ist. Das wiederum bedeute nicht, daß der spätere Asiaticus nicht am Parteitag teilgenommen habe, denn er könne auch – unter wiederum anderem Namen – »neben Karl Radek, Ernst Reuter-Friesland und Felix Wolf jener vierte Vertreter der russischen Sowjetrepublik« gewesen sein, »den Wilhelm Pieck auf dem Parteitag erwähnte (vgl. Weber, a.a.O., S. 67)«. Jedenfalls habe er, als er 1922 in Bremen verhaftet wurde, erklärt, »er heiße Iwan Gewodomikoff und sei Bürger der RSFSR«. Dies habe er so auch auf dem Fragebogen der Komintern von 1923 angegeben.

## 2. Ein Kämpfer der Weltrevolution

Die weitere Entwicklung des Asiaticus – bleiben wir jetzt bei diesem Namen unabhängig davon, wie er sich im jeweiligen Moment tatsächlich nannte – ist in vieler Hinsicht typisch für jene, die die Idee der Weltrevolution ganz in sich aufgenommen hatten und zu leben unternahmen.

Inhaftiert wurde er 1922 in Bremen wegen – wir sind wieder bei Scherner – »seines Leitartikels zum fünften Jahrestag der Oktoberrevolution am 7. November 1922, den er als Redakteur des Nordwestdeutschen Echos geschrieben hatte«. In der Folge als »unerwünschter Ausländer« ausgewiesen, fand er in Moskau Anstellung als »Sekretär der Delegation der KPD« beim EKKI (dem Exekutivkomitee der Komintern). »Seine Einschätzungen« – so Scherner – »zeigen, daß er Paul Frölich, Paul Levi, Edwin Hoernle, Hugo Eberlein und Clara Zetkin wie überhaupt solchen Kommunisten nahestand, die die Situation in Europa realistischer einschätzten als die Führung der Komintern, eine breitere Bündnispolitik anstrebten und an das Erbe Rosa Luxemburgs anzuknüpfen suchten.« (S. 245)

1923 wurde er nach Deutschland zurückbeordert und arbeitete in Chemnitz und Berlin. »Als auf Antrag der KPD die Zentrale Kontrollkommission der Russischen Kommunistischen Partei Anfang April 1925 in Moskau die ›fraktionelle Arbeit‹ Heinrich Brandlers, August Thalheimers und Karl Radeks verurteilte […]«, erhielt er, der »wie die vorher Genannten noch der KPR(B) [der Kommunistischen Partei Rußlands (Bolschewiki), wie die spätere KPdSU da noch hieß] angehörte, eine strenge Rüge. Ihm wurde verboten, weiterhin in der KPD zu arbeiten.« »Spätestens von da an« sei er – so Scherner – »in den Reihen seiner Partei, die er mitbegründet hatte und mit deren Ideen er verwachsen war, eine ›Unperson‹« gewesen. (S. 245)

1925 reiste Asiaticus – Scherner meint: »augenscheinlich ›zur Bewährung‹« – über Indien nach China und nahm 1926/27 von Guangzhou (Kanton) aus als »Berichterstatter« am »Nordfeldzug« teil (S. 245) – jenem Feldzug, mit dem die zu diesem Zeitpunkt revolutionäre Armee der mit der Gongchandang (der KPCh) eine Einheitsfront bildenden Guomindang die Macht der reaktionären Kriegsherren im Norden zu brechen suchte. Er arbeitete mit einigen der wichtigsten internationalen Berater der revolutionären Guomindang zusammen – so mit dem Russen Michail Borodin für die People’s Tribune –, und er gab »zusammen mit Friedrich Lienhard die Zeitschriften der Politischen Abteilung des Hauptquartiers der national-revolutionären Armee, China Correspondence und Chinesische Korrespondenz, heraus.« (S. 245)

Texte, die er für diese Zeitschriften verfaßt hat, bilden den Hauptteil seines eingangs bereits erwähnten Buches Von Kanton bis Schanghai 1926–1927. Dazu er selbst in der Einleitung(geschrieben am 1. Februar 1928):

»In dem Zeitabschnitt von Dezember 1926 bis Mai 1927 stand der Verfasser im Dienste des Zentralkomitees der Kuomintang bzw. ihrer Politischen Abteilung im Hauptquartier der National-revolutionären Armee. In ihrem Auftrage arbeitete er gemeinsam mit dem Genossen Friedrich Lienhard, dem Delegierten der Internationalen Arbeiterhilfe für China, als Redakteur der ›Chinesischen Korrespondenz‹, die als ›Organ der Politischen Abteilung des Hauptquartiers der National-revolutionären Armee‹ gegründet und nach der (S. 2) Eroberung von Schanghai als ›Wochenorgan des Zentral-Exekutiv-Komitees der Kuomintang‹ fortgeführt wurde. Die meisten der hier veröffentlichten Artikel wurden vom Verfasser aufgrund von Aufträgen und Vereinbarungen mit dem Chef der Propaganda-Abteilung der Kuomintang wie auch mit den einzelnen Ministerien der National-Regierung geschrieben. In solcher Funktion war es Aufgabe und Pflicht des Verfassers, die offizielle Meinung der revolutionären Führung der chinesischen und ausländ
ischen Öffentlichkeit gegenüber zu vertreten. Diese Meinung entsprach nicht immer der des Verfassers, konnte aber von ihm solange vertreten werden, solange die Führung der Kuomintang der Entwicklung der revolutionären Kräfte der Arbeiter, Bauern und kleinbürgerlichen Armut und der Entfaltung ihrer Kampftätigkeit gedient hat, und solange der Verfasser in den offiziellen Organen der Kuomintang von ihm gezeichnete Artikel veröffentlichen durfte, die seine persönliche politische Anschauung bereits eindeutig aufzeigen ließ. Mit der Abwendung auch der kleinbürgerlichen Führung der Kuomintang von den wirklichen Interessen der nationalen Revolution und ihrer Träger, des Proletariats, der Bauernschaft und der kleinbürgerlichen Armut, mußte auch diese Funktion ein Ende nehmen. Sie fand ihren Ausdruck in der Suspendierung des weiteren Erscheinens der ›Chinesischen Korrespondenz‹ und mit der offiziellen Mitteilung des Verfassers an die Vertreter des Zentral-Exekutiv-Komitees der Kuomintang, daß er ni
cht mehr in der Lage sei, ihre Ansichten mit seiner persönlichen Überzeugung zu vereinbaren.« (S. 3)

»Nach der Niederlage der chinesischen Revolution« – so Scherner weiter – »erstattete Grzyb Ende Juli 1927 in Moskau Bericht und kehrte nach Deutschland zurück.« (S. 246)

Scherner macht nun wachsende Differenzen zwischen Asiaticus einerseits und der Komintern-Spitze wie auch der KPD-Spitze andererseits aus. So sei er 1929 »so weit« gegangen, in der Strategie der Komintern »eine der Ursachen der Niederlage der chinesischen Revolution zu sehen«. (S. 246)

[Vgl. »Bücherschicksale«, Teil I, in: Volksrecht, Offenbach, 18.10.1929. Scherner merkt dazu weiter an:Diese Rezension ist zwar nicht gezeichnet, aber zweifellos von Asiaticus oder aufgrund seines Materials geschrieben. (Forts. des Artikels ebenda, v. 25.10., 2., 9. und 15.11.1929)]

1928 war er Chefredakteur der Zeitung »Der Kämpfer« in Chemnitz und wurde wegen dort geübter Kritik an der Führung der KPD in der »Sozialfaschismus«-Frage vom Politbüro des ZK der KPD mit 4:3 Stimmen aus der Partei ausgeschlossen.

[Scherner in einer Fußnote:Gegen den Beschluß stimmtenWilhelm Pieck, Hugo Eberlein und Arthur Ewert.Gegen einen gleichlautenden, eine Woche später gefaßten Beschluß stimmte Arthur Ewert allein. (S. 246)]

[Anmerkung W. A. zu den Schicksalen dieser drei Mitglieder des Politbüros: Wilhelm Pieck war nach Exil in der Sowjetunion von 1949 bis zu seinem Tode 1961 der erste (und einzige) Präsident der DDR. – Arthur Ewert war in den 1930er Jahren im Auftrag der KI in China und Brasilien unterwegs; er wurde 1935 in Brasilien verhaftet und schwersten Folterungen ausgesetzt, in deren Folge er psychisch schwer erkrankte; er starb 1959 in der DDR in einem Pflegeheim in geistiger Umnachtung. – Hugo Eberlein ging 1936 in die Sowjetunion und geriet dort in den stalinschen Terror: Im Juli 1937 inhaftiert, wurde er am 16. Oktober 1941 erschossen.]

Ende 1928 trat Asiaticus der selbständigen Partei KPD-Opposition (KPO) bei (S. 246), arbeitete als Redakteur von KPO-Zeitungen wie »Volksrecht«, »Arbeiterpolitik« und »Gegen den Strom« und schrieb »Vor allem über ökonomische Probleme Chinas, über Persönlichkeiten wie Sun Yatsen und Feng Yuxiang, über die Beziehungen zwischen China und der UdSSR und zwischen Deutschland und China.« (S. 247)

Mitte 1932 ging Asiaticus zum zweiten Mal nach China. Wenige Monate später folgte ihm seine Lebensgefährtin Trude Rosenberg.

In den folgenden Abschnitten ihres Aufsatzes setzt sich Scherner mit der Vermutung auseinander, daß Asiaticus mit dem Kundschafter Richard Sorge, der im sowjetischen Auftrag nach China und später nach Japan gegangen war, zusammengearbeitet habe, und kommt zu dem Schluß, daß es »keinen Anlaß« gebe, diese Vermutung zu teilen. (S. 248)

Ausführlich zitiert sie dann einen Brief von Asiaticus – gezeichnet mit Heinz Möller – an die KPD-Vertretung bei der Komintern in Moskau vom 17.8.1936, in dem er seine Arbeit in Shanghai bilanziert. »Meine gesamte Taetigkeit in Shanghai […] war ausschließlich der revolutionaeren Bewegung, getreu im Sinne der Politik der KI. und der KPCh., gewidmet.« Er verweist auf seine Artikel in der Rundschau, die ungezeichnet erschienen, und die mit »Asiaticus« gezeichneten in der Izvestija, in der New Yorker China Today, in der Voice of China – sie ist in Shanghai erschienen – »sowie in anderen revolutionären Organen in China«, ferner in der Neuen Weltbühne und in Pacific Affairs. Die Rede ist weiter von einer Arbeit »als staendiger Vertreter fuer die Sowjetpresse« und von gemeinsam mit Trude Rosenberg übernommenen »vertraulichen« Aufgaben der chinesischen Vertretung der RGI (Rote Gewerkschaftsinternationale). Außerdem habe er »einige Kurse unter ausländischen und chinesischen Gruppen von Sy
mpathisierenden in Shanghai« durchgeführt. Die von ihm dafür vorgenommene »Zusammenstellung der Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin zu den Fragen der kolonial-revolutionären Bewegung in Asien« sei »vom oertlichen Vertreter des EKKI. geprueft und befuerwortet, sowie an das EKKI. weiter geleitet« worden. Schließlich sei er mit seiner Frau »zum Schutz von verfolgten Genossinnen und Genossen« tätig geworden. (S. 249)

Dies alles wird – so Scherner – durch verschiedene Quellen bestätigt. Der neuseeländische Schriftsteller Rewi Alley wird als einer dieser Zeugen zitiert – Asiaticus trägt in diesem Bericht den Namen Hans Shippe –, und als Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bildungszirkel nennt Alley Agnes Smedley, Alec Camplin, George Hatem (Ma Haide), Ruth Weiß, Trude Rosenberg, Irene Wiedemeyer, die Sekretärinnen der YWCA Talita Gerlach, Maud Russell, Lil Haas und Cora Deng sowie Cao Liang, Dozent am Medhurst College, und »den holländischen Manager der Buchhandlung ›Zeitgeist‹.« (S. 249)

[Rewi Alley: An Autobiography, Beijing 1997, S. 80.]

Einen besonderen Abschnitt widmet Scherner der Zeugenschaft von Ruth Weiß.

[Ruth Weiß: Am Rande der Geschichte. Mein Leben in China, Osnabrück 1999]

Dies ist deshalb von besonderem Gewicht, weil sie sich nicht nur auf die knappen Anmerkungen zu Asiaticus in diesem Erinnerungsbuch stützt, sondern auch auf das – allerdings unveröffentlichte – Manuskript eines Interviews, das Erhard Scherner am 17.2.1991 in Beijing mit Ruth Weiß geführt hat. Demnach hat Ruth Weiß die Aufzeichnungen, die Asiaticus zur Vorbereitung der Treffen des Bildungszirkels in englischer Sprache angefertigt hat, abgetippt und aufbewahrt.

[In einer Fußnote führt Helga Scherner folgende Skripte auf: Tribal Society; The Ancient Asiatic Society or the Patriarchal Slave System; The Rise and the Decline oft he Patriarchal Slave System; The Feudal Times; Merchant’s Capital and Usurers‹ Capital in Ancient and Feudal Times; Summary on the Main Peculiarities of Precapitalist Conditions in Asia; The Rise of Capitalism and the Colonial System; Revolutionary Struggle of Proletariat and Peasentry; Capitalist Mode of Production under Colonial Conditions; Japan’s Struggle for the Conquest oft he Asiatic Market {dieses letzte Manuskript trägt den Datumseintrag January 1936}.]

Die Themen zeigen, mit welch ausführlichem geschichtlichem Rückblick und unter Einbeziehung der Überlegungen von Marx über vorkapitalistische Verhältnisse Asiaticus – so Scherner – sich den »Fragen der Strategie und Taktik der chinesischen Revolution« zugewandt hatte. Geradezu »besessen« sei er gewesen, »diese Probleme zu verstehen, zu diskutieren und mitzuhelfen, sie zu lösen«. (S. 250)


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