(SZ)Unter der Dusche, schon fünf Minuten, schon so lange rinnt das
   Wasser heiß, so heiß, wie es nur geht, den ehedem schweißigen Körper
   hinunter, da geschieht etwas Phänomenales, der Körper empfindet die
   extreme Temperatur - es ist schon eine extreme Temperatur! - nur als
   lau, ja, ein lauer Frühlingsregen, der aus dem Duschkopf schnürt, und
   er, der Körper, verlangt nach noch heißerem Wasser, nach hartem,
   beißendem, schneidendem Nass, und erhält er es, so ist er überhaupt
   nicht zufrieden, im Gegenteil, mit Gänsehaut und leichtem Zittern
   zeigt er an, dass er jetzt friert. Wieso zum Teufel friert er jetzt?
   Was will er denn noch? Das ist unmöglich, dieses Begehren muss in den
   Tod führen, schon ist der Schauer geysirheiß, der Körper aber scheint
   aus Eis, aus flammendem Eis.

   Raus aus der stickigen Kabine! Bloß raus! Das geheimnisvolle
   gefährliche Verlangen versickern lassen, ein paar Tage nicht duschen,
   sich nicht vom Schweiß befreien, das ist doch nicht so schlimm, so ein
   bisschen Schweiß, oder? Nein, ist nicht schlimm. Ist ganz natürlich.
   Und Schweiß riecht auch gar nicht. Schweiß riecht definitiv nicht.
   Schweiß besteht zu 99 Prozent aus feinem, klarem, klarstem Wasser,
   dazu aus Salzen, Mineralien, Aminosäuren. Was manchmal ein wenig
   stinkt, sind Bakterien, die sich auf einer bestimmten Sorte von
   Schweißdrüsen niederlassen, zum Beispiel auf denen in der Achselhöhle.
   Ja, 400 Schweißdrüsen befinden sich dort, die gern ein paar Bakterien
   aufnehmen, und, Wunder der Natur, welch verschiedene Düfte dabei
   entstehen können! Säuglinge werden immer milchig-sauer riechen,
   Senioren eher süßlich und junge Männer ledrig-streng.

   Doch auch das ist gut so, das Strenge, absolut sinnvoll ist es,
   gewollt von wem auch immer. Gerade haben Biologen aus Pennsylvania
   jungen männlichen Probanden, die vier Wochen kein Deo hatten benutzen
   dürfen, jeweils einen Abstrich vom Unterarm genommen und jenes kaum
   sichtbare Sekret auf die Oberlippe weiblicher Testpersonen
   aufgetragen, und das Ergebnis war eine ausgesprochen gute Laune bei
   jenen Damen, die überdies so viele lutei nisierende Hormone wie kurz
   vor dem Eisprung aufbauten. Die Wissenschaftler sprechen nun von einer
   "chemischen Kommunikation" - über den Geruch koordinierten Männer und
   Frauen ihre Fortpflanzung. Mit anderen Worten: Die Weiber fliegen auf
   den Schweiß der Kerle. Natürlich werden sie das nie und nimmer
   zugeben. Sie können es gar nicht zugeben, denn sie wissen noch nicht,
   dass es so ist, und auch die Kerle ahnen nichts, dabei ist alles von
   wem auch immer schon seit Jahrtausenden angelegt. Oder warum sind all
   die Weiber auf wundervollste Weise genau so klein, dass sie bis zu den
   Achseln all der Kerle reichen, bis zu den betörenden Achseln? Das ist
   perfekt, ja merkt Ihr, wie perfekt das eingerichtet ist?